#2: Moritz Krämer: "Die Traurigen Hummer" (Tapete, Okt. 2021) |
[Die Höchste Eisenbahn |
Niels Frevert]
Die Jahrescharts: Platz29im Musikexpress!
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Lyrik und Alltag von Moritz Krämer
Moritz Krämer kennen die einen als ein Viertel der deutschen Indiepop-Supergroup Die Höchste Eisenbahn, die anderen als Singer-Songwriter und Solokünstler. Oder als beides.
2021 veröffentlicht er sein neues, mittlerweile drittes Album »Die traurigen Hummer«, den Nachfolger von »Wir können nix dafür« aus dem Jahr 2011 und seines Doppelalbums »Ich hab’ einen Vertrag unterschrieben 1 & 2«, das 2018 und 2019 erschien.
Zehn Songs hat der gebürtige Schweizer und Wahlberliner dafür zusammen mit Hanno Stick (Schlagzeug), Alex Binder (Bass) und Andi Fins (Tasten) aufgenommen und selbst produziert. Weitere Unterstützung gibt es auf der Platte von Wencke Wollny (Synthesizer, Klarinette), Liv Solveig (Geige) und der Sängerin Larissa Pesch.
Und wer Krämers Werk oder das seiner Band kennt, weiß, was die Hörer von »Die traurigen Hummer« erwartet: Pop trifft auf Folk, Melodieverliebtheit auf ausgefeilte Arrangements. Seine zart-brüchige Stimme vertont seine klugen, lyrischen Texte, die weniger über Außergewöhnliches berichten als vielmehr von Alltäglichem erzählen – mit einer melancholischen Grundstimmung, die aber in der Regel nicht zu sehr in Traurigkeit verfällt. So, wie in der ersten Singleauskopplung »Beweisen«.
Nach "Wir können nix dafür" und seinem Doppelalbum "Ich hab einen Vertrag unterschrieben 1&2" erscheint nun Krämers drittes Studioalbum "Die traurigen Hummer". Es erinnert an sein Debüt vor genau zehn Jahren, greift Gedanken von damals auf und spinnt sie weiter. Krämer, dessen Soloauftritte rar sind, weil er mit seinem Bandprojekt Die Höchste Eisenbahn so viel zu tun hatte, scheint mit seinem aktuellen Album ein Kapitel zu schließen. Die Lieder der Platte sollten, so hört man, schon vor zwei Jahren erscheinen. Stattdessen erschien ein vertonter Monolog, in dem sich Krämer in den "klügsten und heitersten Songs, die je über Dienst nach Vorschrift geschrieben wurden" (Süddeutsche Zeitung) über Verträge Gedanken machte.
Auf dem neuen Album finden sich nun all die verspielten Melodien und cleveren Arrangements wieder, wie man sie aus "Wir können nix dafür" und den ersten beiden Eisenbahn-Alben kennt. Die Texte beschäftigen sich mit Versagensangst ("Auffliegen"), Kindern ("Finster"), Depression ("Schwarzes Licht"), Wut und Gesellschaft ("Nackt und einsam") und Krämers Lieblingsthema Stadtflucht ("Jetzt").
Lieder, die man immer und immer wieder hören möchte, um jedes Mal etwas Neues darin zu entdecken. Mal erinnert die Platte an Talking Heads ("Austauschbar"), mal an den L.A.-Slacker-Sound von Mac DeMarco, mal an den reduzierten Folk von Aldous Harding. Erneut hat Krämer selbst produziert und mit seiner Band - Hanno Stick (Schlagzeug), Alex Binder (Bass) und Andi Fins (Tasten) - einen abgehangenen Vibe geschaffen. Da sind leiernde Synthis, Klarinetten (Wencke Wollny) und Geigen (Liv Solveig), ein Duett mit Larissa Pesch und dazwischen der heisere Krämer, in der Schönheit seiner Sprachspiele niemals prätentiös.
(Glitterhouse)
"Die traurigen Hummer" ist ein wahrhaft großes Album von "einem der besten deutschen Singer/Songwriter"
(Musikexpress)
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#3: Jeb Loy Nichols with Cold Diamond & Mink: "Jeb Loy" (Timmion, Juni 2021) |
[Fellow Travellers |
Sharon Jones & The Dap-Kings |
Jukka Eskola Soul Trio]
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Tauchen Sie ein in das neue Album von Jeb Loy Nichols, voll von düsteren Grooves, sanften Melodien und lebensfrohen Texten. Timmion Records stellt der Welt einen erfahrenen Wortschöpfer und Sänger mit 10 leuchtenden Beispielen für rootsigen modernen R&B vor, die Südstaaten-Soul, Folk und Weltklasse-Balladen miteinander verschmelzen.
Angeführt von Jebs intimer Akustikgitarre und seinen rauen Beschwörungsformeln, unterstützt von der tighten Rhythmusgruppe von Cold Diamond & Mink, können Sie sich auf einen höllischen Ritt gefasst machen. Das Album mit dem schlichten Namen »Jeb Loy« ist ein Zeugnis der jahrzehntelangen Karriere des Künstlers, die sich über Soul, Country und R&B erstreckt.
Immer ein betörendes Vergnügen: ein neues Album des „Country Got Soul”-Aktivisten und ehemaligen Fellow Travellers-Masterminds. Hier wieder überwiegend mit tiefenentspanntem Soul: Gitarre, kleine Bläser-Akzente, wie immer sanfte Karamellstimme unnachahmlich. Dazu mal ein bisschen Vibraphon, Harmonica oder Hammond Orgel, immer laidback und mit Sonne im Herzen. Gemäß dem Albumtitel singt er diesmal eher selbstreferenziell aber immer gewohnt unaufdringlich und grundsympathisch. Southern Soul trifft auf die klassische Songschmiedekunst von Größen wie Bill Withers, alles konsequent schlank und unaufgeregt inszeniert. Die Songs sind von reifer Größe, mit klarer Melodieführung und eleganten Hooklines, eingängig und schlicht wunderschön. Stilistisch finden hier natürlich Soul, Folk, Roots und Singer/Songwritertum zusammen, Reggae gibt es leider nicht. Was dann wie die Frontporch-Variante von Daptone klingt. Die reduzierten Bläser sind famos, einzig die etwas überrepräsentierten Chordamen ergeben kleine Schwächen in der B-Note. Auf Jeb ist Verlass, auch das Timing ist perfekt: ein Album, das mich durch den Sommer begleiten wird.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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#4: Jackson Browne: "Downhill From Everywhere" (Inside, Aug. 2021) |
[The Pretender |
Hold Out]
Die Jahrescharts: Platz33im Rolling Stone!
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Trotziger Optimismus für schwierige Zeiten
Fast 50 Jahre sind seit dem Debütalbum von Jackson Browne vergangen. Dass der amerikanische Rockmusiker und Singer-Songwriter die gefühlvolle Intimität seiner ersten Veröffentlichung nach all der Zeit beibehalten hat, zeigt er 2021 mit seinem neuen Album »Downhill From Everywhere«. Aber auch, dass Erfahrungen, Kraft und Weisheit hinzugekommen sind.
»Downhill From Everywhere« ist Brownes 15. Longplayer und zudem das erste Album nach siebenjähriger Releasepause. Zehn Songs hat er dafür geschrieben und aufgenommen.
Zum Inhalt der Platte schrieb er in einer Pressemitteilung: »Oberflächlich betrachtet, geht es um das Leben in L.A. Aber es ist wirklich eine Metapher für das Leben selbst. Ich verehre diese Stadt, aber ich habe versucht, sie zu verlassen, ungefähr seit der Zeit, als ich mein erstes Album fertiggestellt habe. Man kann ein Leben, wie man es kennt, lieben und schätzen und sich darauf verlassen, aber tief im Inneren sehnt man sich vielleicht auch nach etwas anderem, selbst wenn man nicht weiß, was es ist.«.
Für das Songwriting und die Aufnahmen blieb Browne dennoch immer in der Nähe seiner Heimat. Zusammen mit seiner langjährigen Begleitband, bestehend aus den Gitarristen Greg Leisz und Val McCallum, Bassist Bob Glaub, Keyboarder Jeff Young und Schlagzeuger Mauricio Lewak, sowie verschiedenen Co-Produzenten und Tontechnikern ging es in die Groove Masters Studios im kalifornischen Santa Monica.
»In letzter Zeit finde ich, dass ein Großteil des Schreibprozesses im Studio stattfindet. Die Musik wird durch die Art und Weise beeinflusst, wie jeder im Raum mit ihr interagiert, und es gibt diese Reise des Erforschens und Schneidens und Umschneidens, die einen an Orte führen kann, an denen man alleine nie gelandet wäre.«, so Browne. Im Blick auf die Zusammenarbeit mit seiner Band beschrieb er das Album zudem als wahrhaft kollaboratives Werk, das von der Gruppenchemie und der Offenheit für neue Sounds und Ideen angetrieben wurde.
Inhaltlich setzt sich der 72-Jährige auf »Downhill From Everywhere« mit einer Vielzahl aktueller und emotionaler Themen auseinander. Und obwohl die Songs noch vor dem Beginn der Corona-Pandemie entstanden, fühlt sich die Sammlung bemerkenswert vorausschauend an. Browne thematisiert Vorurteile gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen und die Not illegaler Einwanderer genauso wie Umweltverschmutzung. Er setzt sich mit Wahrheit und Gerechtigkeit, Respekt und Würde, Zweifel und Sehnsucht auseinander und bewahrt dabei einen trotzigen Optimismus, der für diese schwierigen Zeiten maßgeschneidert scheint.
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#5: Hiss Golden Messenger: "Quietly Blowing It" (Merge, Juni 2021) |
[Buddy Miller |
Court And Spark |
Scott Hirsch]
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Hiss Golden Messenger aus Nashville, TN veröffentlichen mit "Quietly Blowing It" den Nachfolger des von der Kritik hochgelobten Albums "Terms Of Surrender" aus dem Jahr 2019, das für einen Grammy Award 2021 in der Rubrik "Best Americana Album" nominiert wurde.
Geschrieben, arrangiert und produziert von Bandleader/Songwriter M.C. Taylor, ist "Quietly Blowing It" ein intimes und introspektives Werk, auf dem Taylor in impressionistischen Tönen über Themen wie Erwachsenwerden, Entfremdung, Verpflichtung, Hoffnung, Sinn, Familie, Klasse, Selbstfindung, Heilung und Wiederaufbau nachdenkt. Er sagt, das Album "feels like the most personal album that I've made because I'm not trying to explain anything to anyone except myself." Taylor verarbeitet diese turbulenten Zeiten auf zutiefst persönliche Weise und möchte die Hörer dazu inspirieren, es ihm gleich zu tun. In seinem aufschlussreichen Essay "Mourning in America" geht er ausführlicher auf die Impulse des Albums ein. Musikalisch sind die neuen Songs durchdrungen von Gospel, Southern Soul, Indie-Folk und Alt-Country mit einem Hauch von Blues-, Rock- und Jazz-Einflüssen. Zu den Höhepunkten gehören der minimalistische R&B von "It Will If We Let It", der rollende Country-Groove von "The Great Mystifier" und das gefühlvolle, rauchige Lamento von "Painting Houses" (gemeinsam mit Gregory Alan Isakov geschrieben). Auf "Quietly Blowing It" sind als besondere Gäste Griffin und Taylor Goldsmith von Dawes, Zach Williams von The Lone Bellow, Nashville-Gitarrengröße Buddy Miller und Produzent/Musiker Josh Kaufman von Bonny Light Horseman zu hören.
Im Laufe von sieben Alben haben die Songs von HISS GOLDEN MESSENGER tiefe Resonanz bei Musikfans, Künstlerkollegen und vielen anderen hervorgerufen. Taylors Fähigkeit, unsere innersten menschlichen Emotionen zu beleuchten, die sich nur selten offenbaren, war noch nie so offensichtlich wie auf "Quietly Blowing It". Das Mitgefühl, die Empathie und die aufrichtige Stimmung der Musik von Hiss Golden Messenger waren noch nie so passend für eine Zeit wie jetzt.
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#6: del Amitri: "Fatal Mistakes" (Cooking Vinyl, Juni 2021) |
Die Jahrescharts: Platz12im Rolling Stone!
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Während ihrer gesamten Karriere beherrschten Del Amitri die Kunst des zeitlosen, melodisch fokussierten Pop-Rock. Ihre Hits - darunter "Nothing Ever Happens", "Always The Last To Know" und "Roll To Me" - wurden zu internationalen Radioklassikern und trieben eine Karriere voran, die zu fünf britischen Top-10-Alben und 6 Millionen verkauften Alben führten.
Jetzt kehren Del Amitri mit der Veröffentlichung ihres siebten Studioalbums "Fatal Mistakes" über Cooking Vinyl zurück. Dies ist das erste Album seit 2002 und mit dem politischen "Close Your Eyes and Think of England" gibt es bereits jetzt den ersten Vorgeschmack.
"Close Your Eyes and Think of England", ist unser europäischer Abschiedsgruß, eine Ballade aus reiner Galle und Reue, versüßt mit einem Vorschlaghammer des Sarkasmus".
Frontmann Justin Currie kommentierte: "'Fatal Mistakes' wurde über drei Wochen im März in einem Landhaus im tiefsten England aufgenommen und ist das erste Studioalbum der Dels seit 'Can You Do Me Good'. Alle hatten eine gute Zeit. Es ist eine Sammlung bizarrer Geschichten von Vergiftungen, Bitten und bitterer Akzeptanz, angetrieben von Gitarren, Schlagzeug und Keyboards, die vollständig von dem Quintett gespielt wurden, nachdem sie 2014 und 2018 großartige Tourneen spielten."
Als sie sich der zweiten der beiden ausverkauften England-Tourneen näherten, begann das Kern-Duo der Band - Currie und Gitarrist Iain Harvie - neues Material zu schreiben. Die beiden erkannten, dass sie, ohne es zu erzwingen, einen Haufen Songs geschaffen hatten, die "sehr nach Del Amitri" klangen.
Vervollständigt durch Andy Alston (Tasten/Percussion), Kris Dollimore (Gitarre) und Ash Soan (Schlagzeug), nahmen Del Amitri diese Songs mit dem Produzenten Dan Austin (Biffy Clyro, You Me At Six) auf. Ihre naturalistische Herangehensweise bestand darin, Verstärker anzuschließen, anstatt Laptops hochzufahren, und sie spielten ihre Stärken in erster Linie aus, indem sie als fünfköpfige Band live aufnahmen.
Das Ergebnis ist der brillante Klang einer 35 Jahre jungen Band, die das tut, was sie am besten kann: melodische Rocksongs mit lyrischem Biss, seelenvollem Trost und herzerfrischendem Auftrieb. Und genau wie bei der Veröffentlichung ihres bahnbrechenden Albums "Waking Hours" hat man das Gefühl, dass dies ein Stil ist, den derzeit nur Del Amitri beherrschen.
Das hört man in dem Klagelied "Close Your Eyes And Think of England". Der Song hat diese unfassbare Hook von "It's Feelings", mit Curries gefühlvoll kratziger Stimme, die den Alternative Radio Vibe der 90er Jahre übertrifft. Und es schwingt mit im treibenden Power-Pop des Album-Openers "You Can't Go Back". Im Gegensatz dazu steht das zerbrechliche, schmerzerfüllte "Lonely", ein Song, der durch seine Leere lebt und mit Harmonien im CSNY-Stil gespickt ist. Dieser Song fühlt sich anders an, als alles, was die Band zuvor gemacht hat.
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#7: Los Lobos: "Native Sons" (New West, Sept. 2021) |
[Jackson Browne |
The Beach Boys |
Ride This: The Covers EP ]
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Eine Liebeserklärung an Los Angeles: Los Lobos covern fellow Angelenos wie Buffalo Springfield, Jackson Browne und The Beach Boys. Enthält mit Titelstück Native Sons auch eine Originalkomposition!
Die in Los Angeles ansässige Band Los Lobos hat sich schon immer von ihrer Umgebung und ihrem Heimatort inspirieren lassen. Ihre Musik ist beeinflusst von Rock and Roll, Tex-Mex, Country, Zydeco, Folk, R&B, Blues, Brown-eyed Soul und traditioneller Musik wie Cumbia, Boleros und Norteños. All diese Einflüsse kann man nun hören auf Native Sons. Sie haben sich die Songs einiger der besten Songwriter der Stadt zu eigen gemacht und neu interpretiert.
13 Songs über LA von bekannten Künstlern wie Buffalo Springfield, WAR, Jackson Browne und The Beach Boys sowie Deep Cuts von The Jaguars, The Basters und The Premiers. Beim Albumtiteltrack handelt es sich um die einzige Originalkomposition der Band.
In Eigenregie wertig produziert, ist ›Native Sons‹ eine veritable Wurzelschau mit dem Flair eines Tarantino-Soundtracks.
(stereoplay, September 2021)
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#8: Karwendel: "Im Lichte Der Zeit" (Backseat, Nov. 2021) |
[karwendel.bandcamp.com]
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Karwendel: Das ist der Ort, an dem der Hamburger Sebastian Król entdeckte, dass sich die Gedankenfetzen und Gedichte seiner Notizbücher in Musik übertragen lassen. Sprachlich ist Karwendel inspiriert von der stürmischen Lyrik Émile Verhaerens und den bedigungslosen letzten Aufzeichnungen Wolfgang Herrndorfs. Mit "Für den Moment" ist ein Buch mit Liedtexten und Gedichten Sebastian Króls erschienen.
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#9: Philip Bradatsch: "Die Bar Zur Guten Hoffnung" (Trikont, Nov. 2021) |
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Manchmal erscheinen Alben wie Fixsterne am Horizont – dort wo alles dunkel ist, leuchtet die Hoffnung am hellsten. Philip Bradatsch kennt sich aus an diesen dunklen Orten, wo man lieber in den Sternen verglühen möchte als in der kalten Stadt auf dem Boden zu bleiben. Wo man in die Höhen des wilden Lebens abhebt und die gähnende Wirklichkeit mit größer werdendem Abstand nichtiger werden sieht.
Die Bar zur guten Hoffnung liegt an einer Ecke fernab jeder Ironie, in München, Hamburg, Wien, Ohio. Dort singt, rauscht und spielt der Schattenkapitän allein oder mit seinem Bandkollektiv, den nebulösen Cola Rum Boys, und resümiert ohne jede Resignation: Was bleibt an tristen Tagen, als der Tristesse Lebwohl zu sagen?
Wo noch ein Licht brennt, da findet Philip Bradatsch Klänge, die zupacken, herausfordern, wärmen. Die Kellnerin schaut ihn an wie den ersten Schnee, Philip Bradatsch ist das gewohnt, er weiß ja, dass unterm Stein keine Sonne scheint. Und der Giesinger Berg versinkt im Schwefel, Augustiner ist aus, aber Theresa noch da und sie streift seine Wangen und die Welt wird weit. Wenn sie nur die Nacht über bleibt.
Die Bar zur guten Hoffnung ist voller Liebe, freilich ohne Pathos, eine gute Bar kommt ohne aus. Stattdessen schwerer Rumpelrock, stolze Gitarren, aber eben auch feine Melodien, die vom Piano über den Tresen rüberwehen. Sehnsucht, das auch, aber das Melotron nimmt sich zurück, bloß nicht anrühren, Tränen braucht heute Nacht wirklich keiner mehr. Philip Bradatsch hat ein großes Album geschaffen, das einen bis zum wahrhaftigen Ende des Tonbands nicht loslässt und einen danach durch jede noch so lausige Gegend begleitet.
Auf DIE BAR ZUR GUTEN HOFFNUNG bietet er zusammen mit seiner gut eingespielten Begleitcombo Cola Rum Boys allerfeinsten, mit Roots und Americana getränkten Singer/Songwriter-Rock.
(Good Times, Dezember 2021/Januar 2022)
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#10: Faye Webster: "I Know I'm Funny Haha" (Secretly Canadian, Juni 2021) |
[Atlanta Millionaires Club]
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Faye Webster liebt das Gefühl des sogenannten First Takes und die Direktheit, wenn sie einen Song schreibt, um dann gleich am nächsten Tag ins Tonstudio zu fahren und das Stück gemeinsam mit ihrer Band live einzuspielen. Beim genauen Hören der selbstsicheren und geradeaus kreierten Alben der 23-jährigen Songwriterin aus Atlanta wird klar, warum: Hier werden Emotionen gebündelt und verarbeitet, die so schmerzlich sind, dass sie jeden Moment nahezu lebendig werden. Webster fängt den Funken ein, bevor dieser die Möglichkeit hat zu schwinden; Textzeilen werden zu Papier gebracht, bevor diese eine Chance haben zu entfliehen. Ihr ganz eigener charakteristischer Sound bringt dabei einen flüsternd ruhigen und zuhause aufgenommen Gesang mit dem Klang der Band in einem Raum zusammen.
"I Know I'm Funny Haha" ist Websters vollkommenster Ausdruck dieser besonderen emotionalen und musikalischen Alchemie. Auf ihren Durchbruch mit der Veröffentlichung des Albums "Atlanta Millionaires Club" im Jahr 2019 bei Secretly Canadian folgend, blüht Websters Werdegang weiter. Ihr Klang bedient sich dabei sowohl dem von der Steel-Guitar beeinflussten Singer Songwriter-Pop und Country der 1970er-Jahre, als auch den Einflüssen und Persönlichkeiten Atlantas Rap - und R&B-Community aus der Zeit, als Webster ihr erstes Zuhause bei Awful Records fand.
In den vergangenen zwei Jahren nach "Atlanta Millionaires Club" hat sich Websters Profil stetig weiterentwickelt, nachdem sie auf Festivals wie Austin City Limits und Bonnaroo spielte, einer ihrer Songs in Barack Obamas 2020-Lieblingssongs-Playlist einen Platz fand und die Musikerin sich auch verliebte. "This record is coming from a less lonely place," erklärt Webster über das Album "I Know I'm Funny Haha", das sie vollkommener, aufgeweckter und selbstbewusster erscheinen lässt. Websters Musik ist vor allem geprägt von ihrer starken Persönlichkeit - dies wird auch in ihren Arbeiten als anerkannte Fotografin von Porträts und Stillleben deutlich. Viele ihrer Stücke enthalten Girl Group-artige Gesangs- bzw. Sprech-Passagen, die ihre untypischen Song-Geschichten weiter farbenfroh ausmalen.
Die heute 24-jährige Musikerin pflegt einen ungewöhnlichen Stil zwischen Indie, Country, Soul und Folk, der berührt und Spaß macht.
(Audio, Oktober 2021)
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#11: Robert Plant & Alison Krauss: "Raise The Roof" (Warner, Nov. 2021) |
[Raising Sand]
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Alte Folksongs, neue Rockstücke
Bereits vor 14 Jahren, 2007, nahmen Alison Krauss und Robert Plant mit »Raising Sand« ein gemeinsames Album auf. Das Coveralbum erreichte Platz zwei in Großbritannien und den USA und wurde 2009 bei den Grammy Awards als Album des Jahres ausgezeichnet.
2021 knüpfen der britische Rocksänger und Led-Zeppelin-Frontmann und die amerikanische Bluegrass-Country-Ikone an diese Platte an. »Raise The Roof« heißt ihr zweites Duo-Album.
Und wieder haben sich Krauss und Plant einige Songs anderer, sehr unterschiedlicher Künstler als Vorlage genommen. In einer Pressemitteilung zur Ankündigung des Albums sagte Krauss, als sie »Quattro (World Drifts In)« von Calexico hörte, »wusste ich sofort, dass wir ein weiteres Album machen würden«. Der Song dient als Eröffnungstrack für »Raise The Roof«.
Die übrigen Originale, alte Folksongs und neue Rockstücke, stammen von Merle Haggard, Allen Toussaint, den Everly Brothers, Anne Briggs, Geeshie Wiley, Bert Jansch und anderen.
»Du hörst etwas und sagst: ›Mann, hör dir diesen Song an, den müssen wir singen‹«, sagt Plant über den Auswahlprozess des Duos. »Es ist wirklich wie Urlaub – wie der perfekte Ort, den man am wenigsten erwartet.«
Zur Unterstützung holten sich die beiden Sänger einige Kollegen ins Studio, darunter Schlagzeuger Jay Bellerose, die Gitarristen Marc Ribot, David Hidalgo, Bill Frisell und Buddy Miller, die Bassisten Dennis Crouch und Viktor Krass sowie Pedal Steel-Gitarrist Russ Pahl. Wie schon beim Vorgänger übernahm T Bone Burnett die Produktion des Albums. Zusammen mit Plant zeichnete er zudem für die einzige Neukomposition auf »Raise The Roof« verantwortlich: den Song »High and Lonesome«.
Einen ersten Vorgeschmack auf die Platte lieferte das Duo bereits mit dem Song »Can’t Let Go«. Geschrieben von Randy Weeks wurde das Lied erstmals 1998 von Lucinda Williams aufgenommen. Krauss und Plant haben eine ganz eigene Version dieses modernen Klassikers erschaffen.
Sie haben es wieder getan! 14 Jahre nach ihrer ersten gemeinsamen, mit einem Grammy ausgezeichneten Platte RAISING SAND sind Alison Krauss und Robert Plant wieder zusammen ins Studio gegangen, um RAISE THE ROOF aufzunehmen. Zwölf Songs aus den Bereichen Country, Blues und Pop hat sich das Trio mit Hilfe superber Begleitmusiker vorgenommen. Die zwei so unterschiedlichen Stimmen ergänzen sich perfekt: hier der glockenklare Gesang von Krauss, da das eher raue, einfach unverkennbare Organ Plants.Und genauso vereinen sie verschiedene US-Musiktraditionen, kreieren so etwas wie insgesamt doch eher düsteren Americana-Noir- Klänge. „Nichts hier ist Rock”, hat Plant konstatiert. Den vermisst aber auch gar nicht.Natürlich lehnt sich RAISE THE ROOF an die Formel des Vorgängers an, aber warum soll man Erfolgreiches nicht variieren, solange man es nicht schlicht kopiert?
(Good Times, Dezember 2021/Januar 2022)
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#12: Crowded House: "Dreamers Are Waiting" (EMI/Lester, Juni 2021) |
Die Jahrescharts: Platz44im Rolling Stone!
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Begeisterndes Comeback
Was für eine Überraschung: Keine Geringeren als Crowded House kehren 2021 mit einem neuen Album zurück, dem ersten seit elf langen Jahren.
»Dreamers Are Waiting« heißt der Nachfolger von »Intriguer« aus dem Jahr 2010.
Aber bereits die erste Single, »To the Island«, zeigt: Die australisch-neuseeländische Band um den Sänger und Songwriter Neil Finn weiß immer noch mit ihrem Mix aus Indie- und Alternative Rock, Pop und New Wave zu begeistern.
Das Line-Up der Band auf »Dreamers Are Waiting« umfasst neben den Gründungsmitglieder Neil Finn und Nick Seymour den Produzenten und Keyboarder Mitchell Froom sowie Finns Söhne, den Sänger und Gitarristen Liam Finn und den Schlagzeuger Elroy Finn.
Fast hätten wir schon nicht mehr damit gerechnet. Umso schöner, dass sie zurück sind: Crowded House mit ihrem Comebackalbum »Dreamers Are Waiting«.
The first Crowded House album in 11 years can be seen as a homecoming of sorts. Standing alongside bassist Nick Seymour as always, Neil Finn welcomes his sons, Liam and Elroy Finn, as official members along with Mitchell Froom. The producer of the first three Crowded House albums is back to helm Dreamers Are Waiting in addition to playing keyboards in the group. This is a fairly dramatic shift from the Crowded House lineup who recorded Intriguer back in 2011, but the results wind up being richly textured and subtle, an album that finds its subdued groove quite early, then proceeds to find variations within it. The emphasis on quiet and space isn't far removed from Lightsleeper, the collaborative record Neil and Liam released in 2018, yet there's a heightened sense of songcraft here that makes the muted guitars, rounded riffs, and waves of keyboards embed tunes into the subconscious. Songwriting has long been a strength of Neil Finn, but the notable thing about Dreamers Are Waiting is how he's spread the songwriting wealth, collaborating with the full band on a couple of tracks, writing with both of his sons as well as his brother Tim, who once was in Crowded House, and also gives Liam a solo spotlight. The communal effort naturally emphasizes the group's communal voice, one that salutes and tweaks classic pop forms in equal measure. Echoes of loneliness float through Dreamers Are Waiting, but this isn't a melancholy album. The melodies are insistent, as are the dampened rhythms, giving this album a warm, palpable heartbeat that can be felt even if the record is all captured in soft focus. It's this gentle, reassuring touch that makes Dreamers Are Waiting a balm, an album that offers familiar comfort even if it doesn't precisely sound like any previous Crowded House record.
(by Stephen Thomas Erlewine, All Music Guide)
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#13: M. Walking On The Water: "Lov" (Fuego, Nov. 2021) |
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LOV oder : LOVE without E
Eine Frage der Perfektion, eine Antwort? Fehlt nicht immer irgendetwas zum vollkommenen Glück, eine Kleinigkeit? Eine größere Kleinigkeit, oder ein ganzer Buchstabe? Sind wir als Menschen eigentlich irgendwann mal ganz zufrieden, glücklich, total entspannt? Diese Frage könnte der Schlüssel für den Code dieses Albums sein. Oder sogar für all unsere gesamten Bemühungen etwas großartiges zu schaffen. Vielleicht ein „sehr gut“ . Oder etwas ganz anderes: Die Stille und der Stillstand der Zeit. Mit all ihren fehlenden Buchstaben. Im Frühjahr haben Mike und Markus sich bei ihm im nördlichen Flensburg getroffen. Mit ihren alten Festplatten auf denen sie dann ganz interessantes Zeug gefunden haben. Fragmente, Demos jeglicher Qualität und zu Unrecht vergessene fast fertige Songs.
Daran haben sie zu zweit gearbeitet und das vorhandene Material geschnitten, verfeinert und die überarbeiteten Dateien ihren anderen drei Jungs geschickt. Dann plätscherten Schlagzeugtracks, Basstracks und hier und da ne Violine online ein. Die M’s haben also kurz vor Covid schon nahezu coronakonform gearbeitet.
Es gab immer noch den ungefähren Plan, das Ganze mal im Studio live aufzunehmen und dann kam Corona, und alles war anders. Touren wurden verschoben, Pläne wurden hinfällig. Andere entstanden. Es gab überraschende Soloplatten, Kunstexplosionen, Konzerte mit Abstand und Strandkörben. Viel Tolles und viel total unsinniges Zeugs. Und als alle sich klar waren, dass sie sich niemals an dieses Leben gewöhnen würden, wurde das Album dann doch fertig. Spuren und Instrumente beamten zwischen Nord und West und Peter Cladders wurde mit dem Endmix betraut. Jaja, der alter M. Walking- Studio-Spezie und Freund aus den M-Kindertagen.
Jetzt ist LOV fertig, groß, strahlend und wie ein Fels! Und die Band hat keinen einzigen Tag zusammen von Angesicht zu Angesicht Musik gemacht, geschwitzt, sich gestritten und den ganzen Scheiss, den man so als Band während einer Platten-Aufnahme macht. Letztendlich gibt es dieses Album und niemand weiß, wie es unter anderen Umständen geklungen hätte. Sicher fehlt irgendetwas, für irgendjemanden bestimmt und sei es nur das E.
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#14: Veranda Music: "Unter Einfluss" (Staatsakt, Dez. 2021) |
[mESMO]
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Von Americana und Tropicalismo beeinflusster Indiefolkpop aus Hamburg. Ergibt das irgendeinen Sinn?! Veranda Music sind seit der Jahrtausendwende eine Band, bei der sich die Kritiker*innen immer wieder nach einer Einordnung sehnen und sich dabei doch immer nur in ihren Schubladen vertun. Eine Band, die in keine Schublade passt?! Sorry, das vielleicht schlimmste Pop-Klischee von allen.
Dabei sind die Lieder von Veranda Music mit ihrer schweren Melancholie am Ende einfach nur wunderschön. Das Leben auf nahezu magische Weise entschleunigend. Eine Musik voller Leidenschaft und Hingabe. Über die Liebe. Das Leben. Und das immer irgendwie anwesende Ende von allem.
"Unter Einfluss" beschäftigt sich auf ganz eigene Weise mit der deutschen Poesie im Popsong. Mit dem zwischenmenschlichen Kitt seiner Worte und den großen und kleinen, tragenden, zärtlichen Melodien.
"Unter Einfluss“ handelt davon, wie wir uns freiwillig wieder und wieder den Gefühlen von Fremden, zum Teil längst verstorbenen Menschen in ihren Liedern aussetzen. Uns auf grob skizzierte dreieinhalb Minuten lange Narrative einlassen, in denen scheinbar ein ganzes Leben steckt. Es handelt von der Sehnsucht nach den Geschichten der Anderen. Von der Identifikationskraft von Songs. Und davon, diese Geschichten weiterzuerzählen. Sei es als Nach- oder Neuerzählung. Andererseits ist es auch einfach das, was klassische Interpreten wie R.E.M., Cat Power oder Damon Albarn meinen, wenn sie Musik sagen und machen.
Am Ende bleibt die Herkunft dieser Band, losgelöst von allen bekannten geografischen und biographischen Fragen und Fakten, weiterhin ein Rätsel. Was uns am Ende aber bleibt, ist ein weiteres, erstaunliches Album einer wirklich erstaunlichen Band. Mit neuem Material zur weiteren Mythenbildung.
(Glitterhouse)
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#15: Fruit Bats: "The Pet Parade" (Merge, März 2021) |
[Bonny Light Horseman]
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Das Soloprojekt von Indie-Alleskönner Eric D. Johnson alias Fruit Bats geht in die neunte Runde. Sein neues Album »The Pet Parade« feiert die Schönheit und Absurdität der Existenz.
Dafür hat Johnson seinen Bonny Light Horseman-Bandkollegen Josh Kaufman als Produzent verpflichtet, der vor allem bekannt für seine Arbeit mit The Hold Steady, Bob Weir und The National ist und 2020 auch an den beiden folklastigen Taylor Swift-Alben beteiligt war.
Obwohl viele der Songs auf »The Pet Parade« tatsächlich vor der Pandemie geschrieben wurden, ist es unmöglich, das Album als Ganzes von dieser Zeit zu trennen.
Wie viele Alben zuletzt, wurde auch »The Pet Parade« größtenteils aus der Distanz mit Musikern aufgenommen, die über das ganze Land verteilt leben.
Geschadet hat dies den Songs zum Glück nicht. Mit dabei sind Joe Russo und Matt Barrick (The Walkmen, Fleet Foxes, Muzz), Johanna Samuels, Pianist Thomas Bartlett (Nico Muhly, Sufjan Stevens), und Fiddler Jim Becker (Califone, Iron & Wine).
Manchmal beschwingt und beruhigend, manchmal ruhig und nachdenklich, markiert »The Pet Parade« einen Meilenstein für Johnson, der 20 Jahre Fruit Bats im Jahr 2021 feiert.
Neben seine Veröffentlichungen als Fruit Bats war Johnson in diesen zwei Jahrzehnten auch Mitglied bei The Shins, komponierte Filmscores, veröffentlichte Solo unter eigenem Namen und bekam als Mitglied von Bonny Light Horseman zwei GRAMMYr Nominierungen.
In gewisser Weise immer noch eine Kultband, in anderer Hinsicht ein altbewährter Act, haben Fruit Bats konsequent genug kleine Siege errungen, um in einer notorisch unbeständigen Szene Karriere zu machen.
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#16: International Music: "Ententraum" (Staatsakt, Apr. 2021) |
[Die Besten Jahre |
The Düsseldorf Düsterboys ]
Die Jahrescharts: Platz2im Musikexpress
und Platz38im Rolling Stone!
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Der Traum der Ente
„Also pass auf: Ich war ein Mensch, der im Schlaf geträumt hat, dass er eine Ente ist!“, so beginnt ein Sketch von Karl Valentin, in dem sich der Protagonist drei Minuten lang darüber beschwert, aufgeweckt worden zu sein, bevor er im Traum als Ente einen Wurm fressen konnte…
Willkommen in der fabelhaften Welt der Ente, willkommen zum zweiten International Music-Album mit dem fantastischen Titel „Ententraum“. Die Band hat ihr Album zwar nicht nach der alten Karl-Valentin-Nummer benannt, aber es ist doch ein schöner Zufall.
Peter Rubel, Pedro Goncalves Crescenti und Joel Roters wurden in diesem mehr als einstündigen Psychedelic-Rock-Trip beim kollektiven Träumen glücklicherweise von niemandem gestört. Höchstens von Produzent Olaf O.P.A.L, aber der ist nach der Produktion des gefeierten Vorgängeralbums „Die besten Jahre“ und dem nicht weniger erfolgreichen Album „Nenn mich Musik“ ihrer Schwesterband The Düsseldorf Düsterboys längst ihr Haus- und Hofproduzent geworden. Er stört also überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil!
„Wenn ich wüsste, was in dieser Kiste ist, küsste ich Dich, den Fürst von Metternich“, mit diesen Zeilen beginnt die Reise und schon befinden wir uns mittendrin im 17 Lieder starken Ententraum-Epos. Aber Moment mal, meinen die tatsächlich den europäischen Politiker?! Oder den nach ihm benannten Sekt aus dem Rheingau?! Dann wiederum würde auch die besungene Kiste wieder Sinn machen. Die Musik dieses Traum sklingt jedenfalls so, als hätten die Beatles ihre Inspiration für das Weiße Album nicht nur in Indien, sondern auch bei einem schottischen Dudelsackvirtuosen gesucht. Aber kaum hat man seine Gedanken zum fraglichen Fürsten etwas geordnet, da taucht auch schon ein gewisser Herr Schmidt als „Gedankenzähler“ auf. Dieser merkwürdige, von Pedro Concalves-Crescenti gesprochene Charakter, tritt auf diesem Album immer mal wieder als eine Art manischer Philosoph in Erscheinung. Er ist es auch, der sich später auf der Platte für den „Traum der Ente“ verantwortlich zeigt. Auch wenn Peter Rubel ihm dabei immer wieder ins Wort fällt - und das nicht nur in diesem Song.
Der Gedankenzähler jedenfalls scheint vor allem ein großer Geschichtenerzähler zu sein, voller versponnener und entzückender Ideen. Aber das wirklich Verrückte auf diesem Album: Alles in diesem surrealen Ententraum ergibt sofort Sinn, wenn die Band zum Chorgesang anstimmt. Der für International Music so typische Harmonie-Gesang, der immer so klingt, als singen The Byrds gerade zusammen mit Ian Curtis. Sixties-Pop und 80er Jahre Postpunk in einer vollkommen stimmigen Melange. Flowerpower in einer Welt aus Beton und Glasfaserkabeln.
Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob gerade die „Beauty of the bar“ oder ein „Wassermann“ besungen wird, ob wir uns mit ihnen auf die „Insel der Verlassenheit“ oder in die „Höhle der Vernunft“ begeben. Am treffendsten bringt es die Band selbst im Song „Misery“ auf den Punkt: „Die Sprache ist eklektisch. As you and me!“ Doch sobald der Chorgesang aufblüht, ist die Band über „All this misery“ komplett erhaben. Das Herz geht einem auf – und das ohne jeden Deutschrock-Pathos!
Da wird sich zwischendrin lieber in bester S.Y.P.H.-Punk-Manier mit verzerrten Instrumenten gegenseitig angemacht und „Spiel Bass!“ geschrien, Oder es erklingt, wie im Song „Marmeladenglas“, ein Stoner-Rock-Riff, das sich im Laufe des Stücks zum monotonen Drone entwickelt, weil Drummer Joel Roters den Schlagzeug-Einsatz so schön lang herauszögert. Und wenn es schließlich in dem Song „Zucker“ heißt: „Falsche Leute angelacht / Zu viel nachgedacht / Weltraumschrott im Treppenhaus / und der Blues schaut aus seiner Wohnung / in seinem Samtpullover in dunkelblau / Hart aber fair, am Start und zwar sehr“, dann sind die Fehlfarben aus „Monarchie & Alltag“ tatsächlich nicht mehr weit.
Vielleicht sind International Music so etwas wie eine hochmusikalische Punkband. Wobei sie unbedingt auch eine Krautrock-Band sind, hörbar große Verehrer von La Düsseldorf, sich aber immerzu dem Song verpflichtet fühlen. Ebenso unüberhörbar: Der Einfluss der brasilianischen Tropicalismo-Bewegung.
Aber nun, so eine Ente ist ein außerordentliches Tier: Sie kann schwimmen, tauchen, gehen und fliegen! Genauso vielseitig bewegt sich diese Band auch zwischen den Musik-Genres. Sie macht eben immer auch das exakte Gegenteil von dem, was man ihr gerade nachsagen möchte.
So wirkt ihr Ententraum am Ende wie ein Konzeptalbum, das einem die ganze Zeit über zu sagen scheint, dass es wohlmöglich nicht nur ein, sondern unendlich viele Konzepte gibt. Lauter lose Fäden in einem surrealen Tagtraum. Da kommen dem gebannt lauschenden Hörer, der gebannt lauschenden Hörerin sofort The Doors und ihr Song „Light my fire“ in den Sinn. Diese Referenz ist nicht einmal weit hergeholt, denn International Music beeindrucken uns in diesen 64 Minuten vielfarbiger Träumereien mit hoher Intensität und packender Dramaturgie, wie es eben nur die ganz großen Bands können. Und wieder ist den drei Musikern aus Essen dabei eine große Liebeserklärung an die Formation Schlagzeug, Bass und Gitarre gelungen.
„Der grüne Sarg und sein Pronom / wenn ich’s denke, weiß ich schon / Der Dschungel ist mein Zuhause / Ein grünes Band umarmt mich zart (...) weder weich, noch hart“, heißt es schließlich im vorletzten Stück. Musik und Poesie im hochinspirierenden Zusammenspiel von Mensch und Natur.
Aber fassen wir lieber nochmal zusammen, bevor wir uns vor lauter Begeisterung am Ende noch überschlagen: Der „Ententraum“ ist ein humorvolles, sprachverliebtes, psychedelisches (Anti-) Konzeptalbum voller Hits für hochkomplizierte Zeiten. Ein Album, mit dem sich die Träumer Peter Rubel, Pedro Goncalves-Crescenti und Joel Roters wieder „raus aus'm Zoo“ und „rein ins Geschäft“ wagen. Karl Valentin hätte vermutlich große Freude an diesem Werk gehabt.
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#17: Chris Eckman: "Where The Spirit Rests" (Glitterhouse, Juni 2021) |
[Walkabouts]
Die Jahrescharts: Platz23im Rolling Stone!
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Where The Spirit Rests ist das bereits fünfte Solo Album des US Singer-Songwriters, der vielen von den Walkabouts, Dirtmusic oder Distance, Light & Sky bekannt sein dürfte.
Auf seinem neuen Werk taucht Eckman ganz tief in die Stimmung dieser außergewöhnlichen Zeit ein. Er singt von Verlust, Desorientierung, Wiedergutmachung und der Suche nach einer Heimat.
Where The Spirit Rests wurde nur mit einem kleinen Ensemble aufgenommen. Direkt und ohne viele Effekte. Co-produziert wurde es von dem britischen Komponisten Alastair McNeill (Roísín Murphy, Yila). Als Gastmusiker sind Chuck Johnson (Pedal Steel), Catherine Graindorge (Violine) und Dream Syndicate / Green on Red Keyboarder Chris Cacavas auf Where The Spirit Rests vertreten.
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#18: Teenage Fanclub: "Endless Arcade" (PeMa, Apr. 2021) |
[Big Star |
The Chills |
Gorky's Zygotic Mynci |
Here]
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Die schottischen Indielieblinge Teenage Fanclub veröffentlichen ihr zehntes Studioalbum »Endless Arcade« über ihr eigenes Label PeMa!
Selbst wenn wir nicht gerade außerordentlich beunruhigende Zeiten durchleben würden, gibt es nichts Vergleichbares wie ein Teenage Fanclub-Album, um Geist, Körper und Seele zu beruhigen und zu bekräftigen, dass in dieser Welt doch nicht alles verloren ist. »Endless Arcade« folgt auf das 2016er Album »Here«, mit dem Teenage Fanclub ihren ersten Top-10-Erfolg seit 1997 feierten - ein klarer Beleg dafür, wie sehr diese Band bis heute geschätzt wird.
Das neue Album ist die Quintessenz von Teenage Fanclub: Die Melodien sind zu gleichen Teilen herzerwärmend und herzzerreißend, die Gitarren klingen teils glockenklar, teils kratzig, Keyboard-Linien verweben sich ineinander und drehen sich um sich selbst, harmonieerfüllte Refrains brechen durch wie die Sonne an einem stürmischen-grauen Tag.
Sonnenbeschienene, herzerwärmende, klassische und vorbildlich gute Rockmusik.
(Audio, Juni 2021)
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#19: Martha Wainwright: "Love Will Be Reborn" (Cooking Vinyl, Aug. 2021) |
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Martha Wainwright ist wieder am Start. Die betörende Performerin und Songwriterin meldet sich mit „Love Will Be Reborn“ zurück, ihrem ersten neuen Album seit fünf Jahren.
Es ist ihr erstes Album seit dem 2016 erschienenen „Goodnight City“ und das erste seit dem 2012 erschienenen, hochgelobten „Come Home To Mama“, das ausschließlich eigenes Material enthält. Alle elf Songs auf ‚Love Will Be Reborn‘ sind von Martha geschrieben. Den ersten Song, der dann auch zum Titeltrack wurde, schrieb sie vor einigen Jahren in einer für sie persönlich sehr dunklen Zeit.
‚Love Will Be Reborn‘ erscheint heute und spielt auf den Schmerz der letzten Jahre an, während er gleichzeitig ein Gefühl von Optimismus für die Zukunft einfängt. Mit ihrer wundersamen, charakteristischen Stimme umspielt sie den Herzschmerz mit schwindelerregender Wirkung.
„Ich habe den Song innerhalb von zehn oder fünfzehn Minuten komplett geschrieben“, gibt sie zu. Martha begann, den Song live zu spielen, bevor sie das Album aufnahm, und er wurde so etwas wie eine Hymne, die ihr Hoffnung gab, als sie sie am meisten brauchte. Der Song und das gesamte Album wurden von Pierre Marchand produziert, der für seine Arbeit mit Rufus Wainwright bei „Poses“, den McGarrigle’s bei „Heartbeats Accelerating“ und einem Großteil von Sarah McLaughlins Katalog aus den 90ern bekannt ist.
Aufgenommen wurde das Album in Marthas Heimatstadt Montreal, im Keller des Cafés Ursa, das auch als Studio diente, und in den PM Studios. Martha spielt Gitarre und Klavier und holte sich die Hilfe der Torontoer Musiker Thom Gill (Gitarren, Keys, Back-ups) Phil Melanson (Schlagzeug, Percussion) und Josh Cole (Bass). Pierre Marchand spielt Keyboards auf ‚Love Will Be Reborn‘ sowie zwei weiteren Tracks, während Morgan Moore auf mehreren Songs Bass spielt.
... ein Album, das nachwirkt.
(Stereo, September 2021)
Ein eindringliches, wohlklingendes, auffallend natürlich produziertes Werk in einer Selbstverständlichkeit, die wohl nur jemand hinkriegt, dem Musik schon in die Wiege gelegt wurde.
(stereoplay, September 2021)
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#20: Courtney Barnett: "Things Take Time, Take Time." (Marathon/Milk, Nov. 2021) |
[Warpaint]
Die Jahrescharts: Platz18im Rolling Stone!
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»Things Take Time, Take Time« ist Courtney Barnett Barnett in ihrer kreativsten und freudvollsten, folglich auch in ihrer bisher schönsten und intimsten Platte.
»Things Take Time, Take Time« ist ein sicherer Sprung nach vorne für Barnett; ein wirklicher Durchbruch. Dies ist Barnett in ihrer entspanntesten, kreativsten und freudvollsten Phase. Ein exquisiter Einblick in die intime, private Welt, die Barnett und ihre Produzentin Stella Mozgawa (Warpaint, Sharon Van Etten, Kurt Vile) geschaffen haben. Es ist folglich ihre bisher schönste und intimste Platte.
Heute kündigt Alt-Rock-Superstar Courtney Barnett ihr drittes Studioalbum »Things Take Time, Take Time« an, das am 12. November bei Marathon Artists erscheinen wird. Es ist eine Klangcollage aus sehr persönlichen Schnappschüssen, die Barnett in einer besonders freudigen Zeit ihres Lebens aufgenommen hat. Damit reiht sie sich endgültig und selbstbewusst in die Reihe der einflussreichen und bahnbrechenden Singer-Songwriterinnen ein und läutet eine aufregende neue Phase für eine Musikerin ein, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Kräfte befindet.
Es gab einen guten Grund für Barnetts einzigartigen, kometenhaften Aufstieg. Barnett ist nach wie vor bestrebt, das Undokumentierte mit akribischer Detailgenauigkeit zu dokumentieren. Im Laufe ihrer bisherigen Diskografie hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Kleinigkeiten und Eigenheiten des Lebens in all ihrer peinlichen und doch ergreifenden Pracht aufzuzeichnen und zu bezeugen, mit Songs, die manchmal so akut persönlich und doch wunderschön skizziert sind, dass sie nicht anders können, als beim Hörer tief zu wirken. Das bringt uns direkt zu ihrem dritten Album »Things Take Time, Take Time«.
Geschrieben über zwei Jahre und aufgenommen gegen Ende 2020 und Anfang 2021 zwischen Sydney und Melbourne mit der Produzentin und Schlagzeugerin Stella Mozgawa (Warpaint, Cate le Bon, Kurt Vile), ist »Things Take Time, Take Time« ein weiterer sicherer Sprung nach vorne für Barnett; ein Durchbruch wirklich, aber nicht in der Art und Weise, wie man es vielleicht erwartet. Das ist Barnett in ihrer kreativsten, entspanntesten und ja, glücklichsten Phase - ein exquisiter Blick in Courtneys private Welt und folglich ihr bisher schönstes und intimstes Album, mit Songs, die sich ungeniert mit Liebe, Erneuerung, Heilung und Selbstfindung beschäftigen.
Der Album-Opener (und die erste Single) »Rae Street« setzt den Ton wunderbar, ein sanftes Mid-Tempo-Essay, das detailliert den Alltag einer kleinen Gemeinde skizziert und ihn der halsbrecherischen Geschwindigkeit der modernen Gesellschaft gegenüberstellt, besonders mit dem einprägsamen Refrain »time is money; and money is no man's friend«. Und doch ist es keine Hetzrede, geschweige denn solipsistisches Grübeln; in Barnetts Händen werden die klagenden Texte intensiv, auffallend lebendig, ein Werk von erstaunlichem Lyrismus, das stille Handlungen und Beobachtungen nutzt, um die Art und Weise aufzubrechen, in der das menschliche Bedürfnis nach Verbindung oft inmitten des weißen Rauschens verloren geht.
In seiner Gesamtheit ist »Things Take Time, Take Time« ein atemberaubender, glänzender Einblick in Courtney 2.0 - nicht weniger skurril und scharf beobachtet, aber dafür rhythmischer, detaillierter und überschwänglicher. Dies ist Courtneys Welt - voller Fremdartigkeit, Geschäftigkeit und unbestreitbarer Wärme des Lebens - und Sie werden definitiv einige Zeit darin verbringen wollen.
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#21: The Chills: "Scatterbrain" (Fire, Mai 2021) |
[Flying Nun |
Submarine Bells]
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Neues Studioalbum der Neuseeländischen Independent-Helden unter der Leitung des rätselhaften Martin Phillipps. Mit Artwork von Trees' David Costa.
Dunedin's finest, The Chills, veröffentlichen ihr siebtes Studioalbum "Scatterbrain" zweieinhalb Jahre nach dem enorm erfolgreichen "Snowbound" (2018) und des von der Kritik gefeierten Films "The Chills: The Triumph And Tragedy Of Martin Phillipps' im Jahr 2019. "Es geht um künstlerische Integrität, Selbstverwirklichung, Selbstakzeptanz, und es ist eine Reflexion über Sterblichkeit." (The Guardian)
Jetzt, im Jahr 2021, zieht Phillipps Bilanz - über alles. Ja, alles. Das Ergebnis ist das triumphale neue Chills'-Album "Scatterbrain", eine nachdenklich stimmende Aufnahme von einem Mann, der gute und schlechte Zeiten erlebt hat.Eine reife und ehrliche Reflexion über das Leben, das Schicksal und die Geschicke unserer Zeit, vorgetragen in wunderschönen Melodien und mit Phillipps' typischer, prägnanter Wortwahl. Aus der Sicht eines Mannes, der sich seines Alters und seiner eigenen Sterblichkeit bewusst ist, wirft das neue Album einen reifen Blick auf die Dinge, die da kommen, durchaus mit Perspektiven. Scatterbrain" ist ein Leben, das vor Ihren Ohren vorbeizieht, während die Ungewissheit zunimmt und die Fake News weiter rumoren, während Aliens eindringen, Verlassenheit groß wirkt, Welten innerhalb der Welten sich auftun und die Sanduhr sich füllt.
Ein bahnbrechendes Album von einem der großen modernen Songwriter, es ist pure Popmusik für eine neue Normalität, spannend zu hören, wie all dies endet...oder weitergeht.
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Willkommen zurück ...
auch gut ...
Gryphon: "Get Out Of My Father's Car!" (Plane Groovy, CD: Nov. 2020 * Vinyl: Jan. 2021) |
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Kurt Vile: "Speed, Sound, Lonely KV (EP)" (Matador, Jan. 2021) |
[John Prine]
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Drei Cover, zwei Originale, eine EP
Drei Jahre nach seinem letzten Soloalbum »Bottle It In« überrascht Kurt Vile seine Fans 2021 mit einer neuen EP.
»Speed Sound Lonely KV« heißt die Platte, für die der US-amerikanische Gitarrist, Sänger und Songwriter unter anderem einen gemeinsamen Track mit dem erst im April gestorbenen Country-Sänger John Prine aufnahm, und zwar eine Version von dessen Song »How Lucky«.
Zudem warten auf »Speed Sound Lonely KV« mit »Speed Of The Sound Of Loneliness« ein weiteres Prine-Cover, eine Version von Jack Clements »Gone Girl« sowie die beiden neuen Kurt-Vile-Originale »Dandelion« und »Pearls«.
Summa summarum kommt die EP also auf fünf Stücke.
Kurt Vile's dazzled and disoriented songwriting usually leans heavily into slacker guitar rock influences, but the acoustic instrumentation and hints of twang that sometimes surface suggest there might be some latent country-folk inspirations deep in the mixture. The five-song EP Speed, Sound, Lonely KV brings Vile's country leanings into the spotlight, centering the short collection around a duet he recorded with his tour mate and songwriting hero John Prine a few months before his death in 2020. The song, a cover of Prine's 1979 tune "How Lucky," is jaunty and bright, Vile's voice sounding relatively light when it joins in with Prine's weathered rasp. The EP was recorded piecemeal over the course of four years, with several sessions taking place at Nashville's Butcher Shoppe studios. In addition to the bittersweet beauty of "How Lucky," Vile also covers Prine's "Speed of the Sound of Loneliness" by himself, as well as Cowboy Jack Clement's melodic ramble "Gone Girl." All three covers are faithfully delivered, and peeling back some of the reverb haze from Vile's sound makes for some of the more vulnerable music of his catalog. In addition to the three country covers, Vile and his band offer up two previously unreleased originals. "Dandelions" is closer to the kind of drifty, drawn-out two-chord rockers that made up albums like Bottle It In, while the woodsy timbres and brushed drums of "Pearls" fit more with the lazy country styling of the rest of the EP. Speed, Sound, Lonely KV is relatively short for a songwriter who regularly turns in albums longer than an hour, but it's a sweet glimpse into the softer side of Vile's personality. It's tender and sad without any of the distance that he sometimes puts between himself and his listener, instead offering just a few uncluttered country-leaning songs that are simple, direct, and a little bit lonely.
(by Fred Thomas, All Music Guide)
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The Notwist: "Vertigo Days" (Morr, Jan. 2021) |
[Ship EP]
Die Jahrescharts: Platz12im Musikexpress!
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The Notwist und Gäste
Was für eine schöne Überraschung: Keine Geringeren als The Notwist präsentieren 2021 ein neues Album. »Vertigo Days« heißt der erste reguläre Studiolongplayer der deutschen Independent-Band seit sieben langen Jahren, der Nachfolger von »Close To The Glass« aus dem Jahr 2014.
Mit »Superheroes, Ghostvillains And Stuff« hatten The Notwist zudem 2016 das erste Livealbum ihrer Karriere veröffentlicht.
Insgesamt 14 Stücke warten auf »Vertigo Days«, außerdem eine spannende Liste mitwirkender internationaler Künstler. Denn neben dem Kerntrio, bestehend aus den Brüdern Markus und Micha Acher sowie Cico Beck, gibt es unter anderem Unterstützung vom amerikanischen Multiinstrumentalisten Ben LaMar Gay, der amerikanischen Jazzklarinettistin Angel Bat Dawid, der japanischen Sängerin Saya und der argentinischen Singer-Songwriterin Juana Molina.
Letztere ist im Song »Al Sur« zu hören, einer von mehreren Singleauskopplungen.
Und die zeigen: Zwischen Pop, Rock und Elektronik, Melancholie und Begeisterung ist The Notwist mit »Vertigo Days« wiedermal ein absolut vielseitiges Album gelungen. Wer sich selbst überzeugen will, kann es jetzt einfach online bestellen.
Wer bislang keinen Zugang zu The Notwist erlangen konnte, wird auf ihrem bislang stärksten Album vielleicht doch den Durchschlupf finden.
(stereoplay, Februar 2021)
During the seven years that separated Close to the Glass and Vertigo Days, the members of the Notwist ventured across the globe with other projects that gave them fresh ideas for the band's music. It's a creative process they've used since the days of Shrink, but the results are never exactly the same. This time, the Notwist question what it means to be in a band, and their seeking reveals homespun sweetness, seemingly ancient storytelling, and the majesty of an orchestra all in a single album. Vertigo Days' ranginess suits the Notwist; after all, they've always resisted easy categorization, and they've rarely sounded as loose and spontaneous as they do here (their 2016 live album Superheroes, Ghostvillains & Stuff comes the closest to its in-the-moment energy). The album's scope is so big that its smaller moments could get lost in the shuffle, but its details are just as memorable as its broad strokes. Vertigo Days' centerpiece "Into the Ice Age" does indeed reach dizzying heights with its crest of guitars, piano, saxophone, and Angel Bat Dawid's clarinet, yet the tiny, fuzzy interlude "Stars'' makes just as much of an impression. The album's sheer momentum carries along moments big and small, and its kinetic sweep reaches its peak on highlights like the dense, driving Juana Molina cameo "Al Sur'' and "Ship," which uses the contrast between its clanging Motorik beat and the delicate voice of Tenniscoats' Saya expertly. Longtime Notwist fans will be happy to hear them get back to the anything-goes heart of post-rock on songs such as the haunting "Oh Sweet Fire," where Markus Acher trades vocals with Ben LaMar Gay over instrumentation that folds hints of dub and jazz into its flow. Nor have they lost any of their ability to lock onto their listeners' emotions since Neon Golden became their breakthrough nearly 20 years prior: Acher still sounds effortlessly vulnerable on the ironically beaming "Sans Soleil" and when he sings about the necessity of togetherness and solitude on "Into Love/Stars." By the time Vertigo Days comes full circle with "Into Love Again," he
(by Heather Phares, All Music Guide)
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The Weather Station: "Ignorance" (Fat Possum, Febr. 2021) |
Die Jahrescharts: Platz5im Rolling Stone und Platz38im Musikexpress!
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Ignorance, das neue Album von The Weather Station, beginnt rätselhaft; eine zischende Hi-Hat, ein stotternder Drum-Beat. Eine ganze Minute vergeht, bevor die Stimme von Tamara Lindeman einsetzt, sanft, gesprächig, intonierend: "I never believed in the robber". Eine zerklüftete Musik baut sich auf, mit stechenden Streichern, Saxophon und mehreren Schichten von Perkussion, und der Song wogt durch fünf Minuten wachsender Spannung, wippend zwischen nur zwei Akkorden. Wieder einmal hat die Torontoer Songwriterin Tamara Lindeman den Klang von The Weather Station neu definiert; wieder einmal hat sie die Gelegenheit einer neuen Platte genutzt, um eine neue Klanglandschaft zu erschaffen, maßgeschneidert für den Ausdruck einer emotionalen Idee. Ignorance, Lindemans Debüt für das Mississippi-Label Fat Possum Records, ist sinnlich, hinreißend, eine der besten Hi-Fi-Platten, die Lindeman je gemacht hat. In manchen Momenten bricht sie in reinen Pop aus, in anderen ist sie eine dichte Wildnis aus Noten; eine zutiefst rhythmische, zutiefst schmerzhafte Platte, die sich dringlicher und klarer anfühlt als ihre bisherige Arbeit.
Auf dem Cover liegt Lindeman im Wald und trägt einen handgefertigten Anzug, der mit Spiegeln bedeckt ist. Der Zwang, einen Spiegelanzug zu bauen, ereilte sie einen Sommer lang auf Tournee. Sie baute ihn in einem Hotelzimmer in PEI und bei einem Freund in Halifax zusammen. "Früher war ich Schauspielerin, jetzt bin ich Performerin", sagt sie. In diesen Rollen, so betont sie, sei sie oft Gegenstand von Projektionen und spiegele die Ideen und Emotionen anderer zurück. Auf dem Album singt sie von dem Versuch, die Welt als eine Art schlecht sitzendes, zerrissenes Kleidungsstück zu tragen, das gefährlich kalt ist; "es hält mich nicht warm / Ich kann es scheinbar nie anziehen" und davon, darin durch die Straßen zu gehen, so verkleidet, so entblößt. Fotografiert von dem bildenden Künstler Jeff Bierk in der Mittagszeit, erinnert das Cover absichtlich an Renaissance-Gemälde; mit satten Schwarztönen und tiefen Farben und einem unpassenden blauen Himmel, der durch die Bäume hindurchscheint.
Der Titel des Albums, Ignorance, fühlt sich konfrontativ an und erinnert vielleicht an vorsätzliche Ignoranz, aber Lindeman besteht darauf, dass sie ihn in einem anderen Kontext gemeint hat. 1915 schrieb Virginia Woolfe: "Die Zukunft ist dunkel, und das ist das Beste, was eine Zukunft sein kann, denke ich." Geschrieben inmitten des brutalen Ersten Weltkriegs, bedeutete die Dunkelheit der Zukunft für Woolfe ein Nichtwissen, das per Definition einen Funken Hoffnung birgt; die Möglichkeit, dass sich etwas, irgendwo, ändert. Im Französischen bedeutet das Verb ignorieren ein bescheidenes, unverschämtes Nichtwissen, und es ist diese Unwissenheit, auf die sich Lindeman hier bezieht; die Leerstelle an der Schnittstelle von Hoffnung und Verzweiflung, eine Dunkelheit, die nicht dunkel sein muss.
Das Debüt der kanadischen Sängerin bei ihrem neuen Label ist sinnlich und hinreißend, mit jedem Song nutzt sie die Gelegenheit, neue Klanglandschaften zu zaubern.
(Good Times, Februar/März 2021)
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Fleet Foxes: "Shore" (Anti, Digital: Sept. 2020 * Vinyl: Feb. 2021) |
Die Jahrescharts 2020: Platz44im Rolling Stone!
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Endlich physisch
Bereits im September 2020 überraschten Fleet Foxes die Musikwelt mit ihrem brandneuen Album »Shore«, das es zunächst allerdings nur in digitaler Form gab.
2021 kommen endlich auch die physischen Veröffentlichungen auf CD und Doppel-LP.
»Shore« ist das mittlerweile vierte Album der Band aus Seattle, der Nachfolger von »Crack-Up« aus dem Jahr 2017, das sowohl in den USA als auch im UK die Top 10 der Charts erreichte.
Insgesamt 15 Songs haben Fleet Foxes aufgenommen, die ihrem unverwechselbaren atmosphärischen Mix aus Indierock, Folk und Pop treu bleiben. Inspiration fand Sänger Robin Pecknold beim Songwriting bei Künstlern wie Arthur Russell, Nina Simone, Sam Cooke und Emahoy Tsegué-Maryam Guèbrou.
2021 endlich auch auf CD und Vinyl: »Shore«, das neue Album von Fleet Foxes.
PS: Begleitend zum Album erschien bereits ein rund einstündiger 16-mm-Film von Kersti Jan Werdal mit eindrucksvollen Landschaftsbildern.
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Die Regierung: "Da" (Staatsakt, Feb. 2021) |
[3 Shades Of Blues |
Tilman Roßmy |
Raus |
Was]
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Die Regierung ist wieder da! Nach “Raus” und “Was” ist “Da” das dritte Album innerhalb von vier Jahren.
Tilman Rossmy hat offenbar Neil Young’sche Output-Qualitäten. Wenn er mit seinen Mitmusikern den Proberaum betritt, entstehen sofort neue Songs. Wobei auf “Da” auch hörbar viel gejammt und experimentiert wurde. Es gibt Elemente aus Krautrock und Dub. Aber auch bewährte Stones-Riffs und erwachsene Schrammelmusik. Mit sehr schönen Arrangements garniert.
Klar, die Regierung ist immer auch Pop. Textlich scheint “Da” von Transzendenz zu handeln. Von der mitunter rauschhaften Suche nach dem eigenen Selbst und dem Konsum von Poesie, Musik und Philosophie.
Und wieder einmal hat Jakobus Siebels (Ja König Ja) das Cover gemalt. Und Norman NIetzsche den Mix besorgt. 10 Songs. 10 Themen. 10 gesungene Thesen bietet dieses Album. Vom philosophischen Treppenwitz bis zu tiefer, tiefer Liebe betreten wir musikalische Paralleluniversen von The Dream Syndicate bis King Tubby.
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Stereolab: "Electrically Posessed (Switched On Vol.4)" (Warp/Duophonic UHF Disks, Feb. 2021) |
[Switched On, Volume 2]
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Die britischen Indie-Helden setzen ihre Samplerreihe »Switched On« nach 13 Jahren mit einer neuen Ausgabe fort.
»Electrically Possessed« ist der vierte Teil in Stereolabs Samplereihe mit Non-Album-Tracks und bildet nach »Switched On« (1992), »Refried Ectoplasm« (1995) und »Aluminum Tunes« (1998) die Phase zwischen 1999-2008 ab.
Remastered von den Originalbändern erscheinen hier auf 2CD oder wahlweise 3LP insgesamt 25 Tracks, darunter sämtliche des gesuchten Minialbums »The First Of The Microbe Hunters« (2000), nicht mehr auffindbare Tour-7"es, Exclusives für Compilations und Kunstaustellungen sowie unveröffentlichte Outtakes aus den ›Mars Audiac Quartet‹ und ›Dots And Loops‹ Sessions.
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Tindersticks: "Distractions" (City Slang/Lucky Dog, Feb. 2021) |
[Neil Young: Harvest |
Lambchop: FLOTUS]
Die Jahrescharts: Platz25im Rolling Stone!
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Mit »Distractions« erscheint ein brandneues Studioalbum der britischen Band Tindersticks um Mastermind Stuart A. Staples! »Lean, stripped back and urgent« reüssiert bereits das englische Musikmagazin »Uncut«!
»Distractions« ist ein Album der subtilen Neuausrichtungen und Verbindungen von einer rastlosen, intuitiven Band: reich an Textur und Atmosphäre, lebt es zwischen seinen offenen Räumen und Details und findet immer wieder neue Wege, sich mit den Songs zu verbinden. Wenn es auch ein Album ist, das sich einer einfachen Zusammenfassung widersetzt, so ist doch zumindest eines klar: Obwohl es nicht unberührt vom Lockdown ist, ist »Distractions« kein »Lockdown-Album«. Vielmehr hat das Album etwas von einer Reaktion auf seinen Vorgänger (No Treasure but Hope, 2019). Für Staples bestand die Absicht bei »No Treasure...« darin, den Fokus von seinem Studiosound auf die Bandmitglieder zu verlagern, die nach neuen Wegen suchten, sich bekannten Songstrukturen innerhalb der vertrauten Banddynamik zu nähern. Für »Distractions« verschob sich diese Dynamik. Das Ergebnis ist ein minimalistisches Album, bei dem jedes noch so kleine Detail seinen Platz hat. Diese Details nahmen von Januar bis Juni 2020 Gestalt an, bevor sich die Band erneut in Staples' Studio versammelte, um diese zu überprüfen und weiterzuentwickeln.
»Distractions« ist sowohl ein Ritterschlag für die Band als auch ein Album, das eine karrierebegleitende Verpflichtung zur inneren Erkundung aufrechterhält.
... faszinierende Klangtrips, die jeweils bis zu elf Minuten dauern und die Vorstellungskraft anregen.
(Audio, März 2021)
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James Yorkston & The Secondhand Orchestra: "The Wide, Wide River" (Domino, Feb. 2021) |
[Yorkston Thorne Khan]
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Das Album entstand nach dem Aufkeimen einer langjährigen Freundschaft zwischen James Yorkston und Karl-Jonas Winqvist, dem schwedischen Musikproduzenten, Leiter und Dirigenten von The Second Hand Orchestra und auch bekannt durch seine Blood Music Das Album wurde in Schweden zusammen mit einer Auswahl von Musikern aufgenommen, die Winqvist zusammengebracht hatte. Unter ihnen Peter Morén (Peter, Bjorn & John) und Cecilia Österholm (eine der bekanntesten Schlüsselfidel-Spielerinnen Schwedens).
»The Wide, Wide River« ist ein beruhigendes, warmes und erhabenes Hörerlebnis, das gleichzeitig Yorkstons Fähigkeiten als Songschreiber, Kollaborateur und musikalischer Dirigent hervorhebt.
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Floating Points & Pharoah Sanders: "Promises" (Luaka Bop, März 2021) |
Die Jahrescharts: Platz47im Musikexpress
und Platz13im Rolling Stone!
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Das Album wurde von Sam Shepherd alias Floating Points komponiert und produziert, dessen zweites Album Crush von Pitchfork als Best New Music ausgezeichnet wurde, in der New York Times erschien und ihn auf mehreren Kritikerlisten für 2019 platzierte. Sein Debütalbum Elaenia, erschienen bei Luaka Bop, wurde ebenfalls als Best New Music ausgezeichnet und als eines der besten Debüts des Jahrzehnts gefeiert. Es ist auch die Veröffentlichung, die Pharoah Sanders dazu brachte, mit ihm zu arbeiten. Shepherd ist ein rastloser, sich ständig weiterentwickelnder Produzent und Komponist, der bereits mit The xx auf Tournee war und außerdem einen Doktortitel in Neurowissenschaften besitzt.
Für Pharoah Sanders, der kürzlich 80 Jahre alt wurde, ist dies ein seltener Ausflug und sein erstes Album seit fünfzehn Jahren. Als eine der letzten Ikonen seiner Generation spielte Pharoah mit John Coltrane auf dessen späten Free-Jazz-Meisterwerken und veröffentlichte eine Reihe von expansiven Aufnahmen unter seinem eigenen Namen für das Impulse!-Label, die von The Stooges bis Marvin Gaye als zentraler Einfluss genannt wurden. Zuletzt war er in einer 2020 Supreme-Kampagne zu hören.
Die Musik entfaltet sich geduldig über neun Sätze und 46 sich immer weiter ausdehnende Minuten. Es ist ein Werk aus purem Gefühl, wie keine andere Platte, die Sie in diesem oder irgendeinem anderen Jahr hören werden.
Schon lange hat keiner mehr so gefühlvoll ins Saxofon geblasen. Es fühlt sich wie ein Aufwachen an einem Sonntagmorgen an – es ist Frühling, die Freude auf den Tag scheint sonnenstrahlengleich ins Gemüt. Ein Versprechen fürwahr – für die Seele, das Gehör, zur rechten Zeit.
(Good Times, April / Mai 2021)
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Gillian Welch & David Rawlings: "All The Good Times" (Acony, März 2021) |
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»All The Good Times« ist die erste Zusammenarbeit von Gillian Welch & David Rawlings, die beide Namen gleichberechtigt trägt. All The Good Times, eine Sammlung von 10 akustischen Covers und erhielt 2021 eine Grammy-Nominierung für das beste Folk-Album.
Nachdem ein verheerender Tornado im Frühjahr 2020 in Nashville wütete und ihr Studio unbenutzbar machte, unmittelbar gefolgt von einer weltweiten Pandemie, die ihre Community und ihre Tourneen lahmlegte, konnten Welch und Rawlings die Inspiration finden, in ihrem heimischen Wohnzimmer ein Aufnahmegerät aufzubauen und zehn Performances einiger ihrer Lieblingssongs von John Prine (»Hello In There«), Bob Dylan (»Abandoned Love«), Norman Blake (»Ginseng Sullivan«) und anderen auf Reel-to-Reel Audio Tape aufzunehmen ... Eine Vinylveröffentlichung ist in Planung.
Die 10-Song-Sammlung ist das Äquivalent dazu, dass man in Welchs und Rawlings' Wohnzimmer willkommen geheißen wird und die beiden einen zu einem privaten Konzert einladen. Mit anderen Worten, es wird nicht viel besser als das hier.
(Uncut )
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Cathal Coughlan: "Song Of CO-AKLAN" (Dimple Discs, Apr. 2021) |
[Microdisney |
The Fatima Mansions]
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Cathal Coughlan ist Mitbegründer und Sänger der gefeierten 80er/90er Pop-Rock-Gruppen Microdisney und Fatima Mansions und gilt als einer der meist verehrten Singer/Songwriter Irlands, geliebt von Fans bissiger, literarischer Musik im Stile von Wilco, Robert Forster und Mark Eitzel. Er hat vier hochgelobte Soloalben veröffentlicht und dies wird seine erste neue Musik seit 10 Jahren sein. Features und Rezensionen sind bereits für Mojo und The Wire geplant und man kann mit reichlich Unterstützung von BBC6 Music rechnen. Umgeben von einem atemberaubenden Cover des preisgekrönten Bruce Brand (The Darkness und White Stripes) mit einem Porträt des Outsider-Künstlers Cristabel Christo.
Die neue Platte hat nicht nur seine üblichen Begleitmusiker, das Necropolitan String Quartet, sondern auch Luke Haines (Auteurs/Black Box Recorder), Sean O'Hagan (Microdisney/High Llamas), Rhodri Marsden (Scritti Politti) , Aindrías O Gruama (Fatima Mansions), Cory Gray (The Delines) und die Dubliner Singer-Songwriterin Eileen Gogan. Locker konzeptionell und um die Persona Co-Aklan herum aufgebaut, ist die LP melodisch und einfallsreich. Zwölf fabelhafte neue Songs; drei davon werden mit Videos von Marry Waterson und Andy Golding von den Wolfhounds versehen.
Coughlans Intelligenz und Leidenschaft sind eine Zurechtweisung für eine fade Musikindustrie, seine Chroniken der Enttäuschung und des Ekels eine Inspiration.
(David Peschek, The Guardian)
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Dinosaur Jr.: "Sweep It Into Space" (Jagjaguar, Apr. 2021) |
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Das eigene Universum
»Sweep It Into Space« – der Name des neuen Albums von Dinosaur Jr. passt perfekt. Auf ihrem mittlerweile 13. Longplayer nimmt uns das Trio wieder mal mit in ihr ganz eigenes Indie-Rock-Universum.
Dort treffen wir neben J Masics, Lou Barlow und Murph erstmals auch Kurt Vile, der die Platte mitproduzierte. Für die Aufnahme ging es wie gewohnt in Amherst’s Biquiteen.
Eigentlich sollte »Sweep It Into Space« bereits im letzten Jahr erscheinen, aber wie vielen Musikern machte die Corona-Pandemie auch Dinosaur Jr. einen Strich durch die Rechnung.
Jetzt ist es aber endlich so weit. Wie »Sweep It Into Space« klingt, verrieten sie unter anderem bereits mit der Single »I Ran Away«.
Und die zeigt: Dinosaur Jr. setzen 2021 weniger auf Überraschungen als auf Signature-Sound. Genau so soll es sein. Hier ist »Sweep It Into Space«.
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Godspeed You! Black Emperor: "G_d's Pee At State's End!" (Constellation, Apr. 2021) |
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GY!BE kehrt mit einem weiteren Soundtrack für unsere Zeit zurück, wie ihn nur dieses unnachahmliche und ehrwürdige Ensemble schmieden kann. Das neue Album besteht aus zwei fesselnden, 20-minütigen, LP-Seiten füllenden Epen aus lärmgetränktem Breitwand-Post-Rock, während die beiden begleitenden 6-minütigen Stücke der 10" die Band aus Kanada in ihrer verheerendsten, eindringlichsten und elegischsten Form zeigen.
Unerbittliches Tuckern blüht auf, während einige der hochfliegenden, brennenden Melodien der Band inmitten von Geigen- und Basskontrapunkt abprallen und zusammenlaufen. Field Recordings und aufgewühlte, halb-improvisierte Passagen umrahmen diese inbrünstigen Epen. Ergreifende Atmosphären, geräuschhafte Orchestrierung, Drone, hypnotische Swingtime-Crescendos, unaufhaltsam geschichtete Türme aus verzerrtem Klargesang: State's End verkörpert jede geliebte Facette der Band. Fünfundzwanzig Jahre später ist dieses neue Album so vital, mitreißend, zeitgemäß und unerbittlich wie jedes andere in der geschichtsträchtigen Diskographie von Godspeed You! Black Emperor.
So wie State's End die ganze Bandbreite der klanglichen Trademarks von Godspeed vereint, so umspannt auch das Album-Artwork die gesamte visuelle Geschichte der Band: die körnige, monochromatische Fotografie der letzten Veröffentlichungen findet ihren Weg auf die Innenhüllen, während das Klappcover auf die ikonischen Grafiken früherer Klassiker wie Slow Riot For New Zero Kanada und Lift Your Skinny Fists Like Antennas To Heaven zurückgreift.
State's End ist mit Illustrationen von William Schmiechen versehen, wobei die Taijitu-Blumen auf der Vorderseite und die Tränengaskanister auf der Rückseite des Covers in erhabener, thermografischer, schwarzer Tinte auf dem Doppelvinyl-Albumcover abgebildet sind. Das leuchtende Kreuz von Godspeeds Debütalbum F#A#INFINITY taucht auch auf der Innenseite des Klappdeckels wieder auf, als wiederkehrende Hommage an das elektrifizierte Hügelkreuz in der Heimatstadt der Band in Montreal.
State's End wurde im Oktober 2020 in Montreal im Homebase-Studio der Gruppe, Thee Mighty Hotel2Tango, von Jace Lasek aufgenommen und abgemischt, dem altgedienten und preisgekrönten Indie-Produzenten (und Mitbegründer von The Besnard Lakes), der mit Godspeed bei dieser Aufnahme zum ersten Mal zusammenarbeitet. Danke fürs Zuhören. Unsere Seite muss gewinnen. (R.I.P. D.H.)
Godspeed You! Black Emperor wrote the majority of their seventh studio full-length while touring, then recorded it in 2020 during the COVID-19 pandemic, masked and socially distanced. Like 2012's 'Allelujah! Don't Bend Ascend, G_d's Pee AT STATE'S END! consists of two 20-minute suites as well as two drone-heavy six-minute pieces. Both of the suites open with grainy, distorted transmissions captured through shortwave receivers, and as the band explains, the preachers that once warned of an impending apocalypse now insisted that these are the end times, and military-related broadcasts spanned the rest of the dial. The opening suite builds up to one of the group's trademark crescendos, beginning with jarring, distorted melodies and scratchy guitar riffs before rising up in a joyous, determined procession. Just as it seems like it's about to spin out of control, the band regain focus and add strings that shift it closer to a vaguely country-ish lament, then end the suite with the sounds of distant explosions. The requiem-like "Fire at Static Valley" is the album's bleakest, most sorrowful moment, with heavy gales of strings swarming over a funereal pounding drum. On the second suite, wayward drums and haunting strings tumble like a ship rocking from side to side, then the group locks into a steady, churning rhythm, slowly getting heavier and hotter until it all seems engulfed in smoke. But then the rousing final section is unexpectedly cheerful, and easily the most ecstatically triumphant music GY!BE have ever made, soaring upward and ending with the loud, victorious clanging of bells. The decaying final piece is called "OUR SIDE HAS TO WIN," underlining the premise of the album, and indeed the group's entire body of work. There is still beauty and hope in this world, and it is absolutely imperative to keep fighting, at all costs.
(by Paul Simpson, All Music Guide)
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Motorpsycho: "Kingdom Of Oblivion" (Stickman, Apr. 2021) |
[Hawkwind: Doremi Fasol Latido |
Motorpsycho: The All Is One]
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Weniger ausruhen, mehr liefern
Erst letztes Jahr veröffentlichten Motorpsycho ihr Doppelalbum »The All Is One«, das in ihrer Heimat Norwegen auf Platz 3 landete und dort außerdem für einen Spellemannprisen (einen norwegischen Musikpreis) in der Kategorie »Bestes Rockalbum« nominiert wurde.
Aber statt sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen, liefern die Psychedelic Rocker 2021 bereits ein neues Album ab: »Kingdom Of Oblivion«.
Für die Aufnahme verschlug es Bent Sæther, Hans Magnus Ryan und Tomas Järmyr erneut ins französische Black Box Studio. Die Fertigstellung folgte im heimischen Trondheim.
Das Ergebnis ist ein hartes und riffgeladenes Brett von einem Album, das zudem die vielen Einflüsse und Talente Motorpsychos hörbar macht.
Mit Hardrock-Krachern und leisen Balladen, kurzen und langen Stücken, Retro-Perspektiven und futuristischen Ausblicken übertrifft dieser Bund von Wahnsinnigen sich einmal mehr selbst.
(stereoplay, Mai 2021)
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"Wilcovered" (Uncut, 2019 * BMG/Renew, Apr. 2021) |
[Wilco |
Courtney Barnett |
Puss N Boots |
Yo La Tengo |
Kurt Vile ]
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Diese Sammlung umfasst 19 Wilco-Cover, die von namhaften Künstlern wie Courtney Barnett, Kurt Vile, Sharon Van Etten, Low, Cate Le Bon und Parquet Courts aufgenommen wurden, darunter eine zuvor veröffentlichte Version von "Jesus, Etc." von Norah Jones' Band Puss N Boots und ein kürzlich ausgegrabenes unveröffentlichtes Cover von "Casino Queen" von Billy F Gibbons (ZZ Top).
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Phoebe Bridgers & Rob Moose: "Copycat Killer" (Dead Oceans, Mai 2021) |
[Punisher]
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»Copycat Killer« ist eine 12" EP mit 4 neuen Versionen von Songs von Phoebe Bridgers' gefeiertem »Punisher« Album.
In Zusammenarbeit mit dem Arrangeur Rob Moose (Sufjan Stevens, The National, Bon Iver, Vampire Weekend, Jay-Z), sind diese Orchesterarrangements der Songs »Kyoto«, »Savior Complex«, »Chinese Satellite« und »Punisher« eine Überarbeitung, die alle Fans von Phoebes Album begeistern werden. Auch für neue Hörer ist diese EP ein perfekter Einstieg in das Oeuvre eine der außergewöhnlichsten Künstlerinnen dieser Zeit.
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Flowerpornoes: "Morgenstimmung" (Mai 2021) |
Die Jahrescharts: Platz8im Rolling Stone!
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Eine schöne Überraschung von Tom Liwa: Ein neues Flowerpornoes Album , Morgenstimmung" - hoppla hopp veröffentlicht, ohne Label, ohne Vertrieb oder andere Industrie-Strukturen , kein Amazon oder Spotify wird es in die Finger kriegen. Es ist nur bei tomliwa.bandcamp.com und in ausgesuchten Plattenläden erhältlich.
" Unsere Alben aus den Neunzigern hätten ähnlich geklungen, wenn wir gewusst hätten, wie. Ich finde aber, wir sollten die speziellen Arbeitsweisen wie die Algorithmen, nach denen die Kompositionen entstanden und das mit den Perspektivwechseln bei den Texten aus dem Info rauslassen. Das braucht es nicht. Und wo ist eigentlich mein Kaffee?" Tom Liwa riecht nach Farbe und nach einem Sonnentag. Er hat heute die Außenwand seines Hauses gestrichen und kratzt sich mit der Rechten Schorf vom linken Arm.
Ihr wollt es doch auch! Ein Rock-Album der Flowerpornoes. Mit lauten Gitarren und großer Klappe. Kluger Lärm! Wie früher? Nein, wie heute! Kein halbes Jahr nach dem Weird-Ambient-Soloalbum „Der, den mein Freund kannte" schlägt Tom mit seiner Band eine ganz andere Richtung ein oder schließt er nur mal wieder einen Kreis? „Morgenstimmung" dreht sich sozusagen von außen um die eigene Achse es wird abgerechnet. Aber wer mit wem, ist nicht ganz klar. Väter kommen zu Wort, Kinder, Exfrauen, Exmänner, Kolleg*innen, ja sogar der Mond und der Hund haben Schonungsloses mitzuteilen. Die Brutalität der Sprache passt zu den direkt ins Blut gehenden Melodien das hier sind tatsächlich, im wahren Wortsinn: Hits.
Genau einen Tag Zeit brauchte es, um diese wilden Lieder aufzunehmen. Tom Liwa (Gesang/Gitarre), Giuseppe Mautone (Schlagzeug), Birgit Quentmeier (Keyboards) und Markus Steinebach (Bass) buchten sich in ein Studio in Bochum ein, wo „zufällig" eine Les Paul rumhing, die den Flowerpornoes-2021-Sound entscheidend prägt. „Vor Ort war das getragen von einer Rieseneuphorie, von diesem Schwarmgefühl, das kommt, wenn wir gemeinsam spielen. Wir hatten das fast vergessen", so Tom, der mit Birgit und Markus seit 1977 und mit Giuseppe immerhin auch schon seit 2012 Musik macht. Erst eine Woche vor dem Zusammentreffen schickte er den dreien die Demos (textlose Soloversionen an der Gitarre, mit dem Handy aufgenommen), alle probierten zu Hause rum und übten. Obwohl sie im Grunde ein sehr eingespieltes Team sind, waren sie von der Dynamik überrascht, die das ultraschnelle Arbeiten möglich machte. „Das hatten wir so noch nie", sagt Birgit Q. Sie stellte im Studio erfreut fest: „Wir funktionieren einfach zusammen. Es war eine unglaubliche Energie im Raum. Alle hatten furchtbar Lust zu spielen, es war laut und heftig. Wahrscheinlich musste sich da alles Angestaute Bann brechen." Die Flowerpornoes hatten wie so viele Bands 2020 kaum Gelegenheit, gemeinsam zu spielen. Man will ja jetzt nicht mit Klischees wie „sie haben die Live-Atmosphäre eingefangen" anfangen, doch sogar der recht unerschütterliche Markus war erstaunt, wie „sensationell gut" die Band gerade unter den erschwerten Bedingungen klang. „Es wäre natürlich schön, wenn wir jeden zweiten Tag proben könnten, aber so hat es den Effekt, dass man, wenn es geht, mit besonderer Begeisterung dabei ist."
„Ich bin seit 2012 dabei und damit der dienstälteste Flowerpornoes-Drummer!" Giuseppe Mautone zupft an seinem Man-Bun herum und grinst: „Auch der mit den meisten eingespielten Minuten. Weiß ich von Birgit, die so was wie das Büro der Band ist. Ein wunderbarer Kontrast zu Tom, der auch schon mal Sachen fragt wie ,in welchem Bund spiel ich in diesem Lied?' oder ,Wo ist mein Kaffee?'. Oh, verrat ich jetzt alles?? " Er lacht, und diese verschmitzte Freude taucht bei allen Vieren auf, wenn sie von der Band reden. „Ich versuche immer, in meinem Spiel auch den Text zu beachten das ging diesmal natürlich nicht, also habe ich überlegt: Was führt Tom wohl im Schilde? ", erinnert sich Giuseppe. „ Das ist schon wie ein kleines Wunder, wenn man zum ersten Mal alles gemeinsam spielt und es sofort zusammenpasst." Dass keine Zeit war, sich eine „ausgefuchste Begleitung" zu überlegen, und jetzt alles „relativ roh" klingt, wie Birgit es nennt, ist ja gerade der Pluspunkt dieses Albums: „Es klingt anders, als es die Leute vielleicht erwarten, nicht so: ,Hab ich schon tausendmal gehört, Tom Liwa und die Flowerpornoes kennt man ja.'" Man ist eben nie zu alt, um sich selbst und andere zu überraschen! „Als Tom im letzten Jahr, als Corona kam, die Songs von ,Der, den mein Freund kannte' dann doch komplett allein aufgenommen hat, war ich schon ein bisschen traurig. Er schrieb uns, dass er das jetzt abschließen wolle, und danach können wir uns komplett neuerfinden. Das war ja erst mal nur so ein Gedanke, aber nun ist es tatsächlich genau so gelaufen mit der neuen Platte!"
Für Birgit sind die Songs „ein Lichtstrahl in dieser bescheuerten Zeit". Wobei die Texte, die Tom später zu Hause im Wendland schrieb, natürlich eher Blitzschlägen gleichen. „Ich wundere mich immer wieder über Toms tolle Texte", so Markus. „Vor allem wenn sie so nach wörtlicher Rede klingen, wie ein Sample aus der Realität. Diesmal kommen noch die vielen Perspektivwechsel dazu." Er streicht eine seiner Alfred-Stieglitz-Locken aus der Stirn und erinnert mich daran, dass bei einem dieser Stücke Britta Caspers von The Lost Verses (einer unbedingt entdeckenswerten Band) mitsingt und zwar ihren eigenen Text.
(Glitterhouse)
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Sons Of Kemet: "Black To The Future" (Universal/Impulse!, Mai 2021) |
[Impulse!]
Die Jahrescharts: Platz31im Musikexpress>
und Platz30im Rolling Stone!
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Der Saxophonist, Komponist, Philosoph und Schriftsteller Shabaka Hutchings kehrt mit einem brandneuen Album seiner für den Mercury Prize nominierten Band Sons of Kemet zurück. Black To The Future, die vierte LP der Band und die zweite auf Impulse! Records, wird am 14. Mai veröffentlicht.
Es ist das bisher dynamischste Projekt der Band mit prominenten Sängern wie Angel Bat Dawid, den Dichtern Moor Mother und Joshua Idehen sowie dem Grime-Künstler D Double E.
Shabaka Hutchings ist stets im Einklang mit - wenn nicht sogar vor - den kulturellen Themen, die in unserer Welt herumwirbeln: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er gräbt vergessene Mythologien aus, entschlüsselt Klänge der Vergangenheit und stellt eine These für die Zukunft auf. Das setzt sich mit Black To The Future fort, einem politisch ergreifenden und musikalisch reichhaltigen Album, das wie geschaffen dafür ist, im Regal neben Archie Shepps Attica Blues oder John Coltranes Alabama zu stehen.
Musikalisch ist Black To The Future eine weitreichendere Angelegenheit als frühere Sons of Kemet-Alben. Die Kerngruppe - Theon Cross (Tuba), Edward Wakili-Hick (Perkussion), Tom Skinner (Perkussion) - wird durch Gäste wie den britischen Saxophonisten Steve Williamson, den Chicagoer Bandleader und Sänger Angel Bat Dawid, den amerikanischen Dichter Moor Mother, den legendären britischen Grime-MC D Double E, den britischen Künstler/Rapper/Spoken-Word-Musiker Kojey Radical und andere erweitert. Shabaka Hutchings fügt auch komplexe Schichten von Holzblasinstrumenten in der gesamten Platte hinzu, die er während Lockdown einspielte.
Shabaka Hutchings sagt: "Black to the Future ist ein klangliches Gedicht zur Beschwörung von Macht, Erinnerung und Heilung. Es stellt eine Bewegung dar, die neu definiert und bekräftigt, was es bedeutet, nach schwarzer Macht zu streben."
Before listening to Black to the Future, Sons of Kemet's fourth album, reading the track list first is recommended. Bandleader Shabaka Hutchings sequenced it as a poetic statement to accurately and aesthetically foreshadow the record's narrative, thereby framing the context for its music. Sons of Kemet remains a quartet with Hutchings on reeds and woodwinds, Theon Cross on tuba, and Edward Wakili-Hick and Tom Skinner on drums and percussion; they are joined here by a slew of vocal and instrumental guests. Black to the Future carries the torch of musical polemic from Max Roach's We Insist! Freedom Now Suite, Archie Shepp's Attica Blues, and Gil Scott-Heron and Brian Jackson's It's Your World to Linton Kwesi Johnson's Bass Culture, Rip Rig & Panic's Attitude, and Public Enemy's It Takes a Nation of Millions to Hold Us Back. Sons of Kemet address the Black experience from colonial slavery to Black Lives Matter's international ascendancy amid the struggle for self-determination while erasing artificial boundaries between jazz, dub, highlife, Afrobeat, calypso, rap, funk, and soul, without sterile posturing.
"Field Negus" commences with moaning tenor saxes, roiling snares, and kick drums. Joshua Idehen's urgent, narration was recorded during the BLM protests after George Floyd's death. The collective erases historical time between past and present: They're angry; they know oppression never sleeps. The interplay between Hutchings and guest saxist Steve Williamson blurs skronk and post-bop. "Pick Up Your Burning Cross" features Angel Bat Dawid and Moor Mother trading vocal lines as clattering Afrobeat meets Latin funk inside post-bop. On "Hustle," Kojey Radical and Lianne La Havas entwine rap and honeyed soul over Hutchings' layered woodwinds and reeds and Cross' unruly tuba solo as the drummers trade syncopated fours. In "For the Culture," Hutchings' instruments frame grime emcee D Double E's rap in Middle Eastern modalism, while Cross adds slinky rhythmic pulses and harmonic invention atop a massive Afrobeat groove. "To Never Forget the Source" is a fingerpopping meld of calypso, rhumba, and South African township jazz, rife with call-and-response between brass and reeds. "In Remembrance of Those Fallen"'s lilting whistles and flutes join tenor saxophone and tuba amid zigzagging Latin and Brazilian rhythms, while cumbia meets son jarocho, and skittering Afrobeat as Hutchings sings and screams through his horn amid a rhythmic dirge and dissonant tuba. "Imagine Yourself Levitating" intersects dub reggae, out jazz, and spidery funk. Idehen returns on closer "Black," delivering a prophetic screed as the band chaotically runs through the album's preceding catalog of styles and sounds. He stridently asserts that "Black is tired," while the band bristles. He delves into Black history's record of oppression for proof, but emerges with the hopeful realization that, "This Black praise is dance! This Black struggle is dance! This Black pain is dance!" Black to the Future jams is a staggering achievement. Musically and culturally, Sons of Kemet not only holistically conceive of a future, they begin to create one right now.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Can: "Live In Stuttgart 1975" (Spoon, Juni 2021) |
[Soon Over Babaluma]
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»Live in Stuttgart 1975« ist der erste Teil der neuen Live-Album-Serie von Can.
»Live in Stuttgart 1975« und die noch kommenden Veröffentlichungen der Can-Live-Serie wurden aus den besten verfügbaren Bootleg-Aufnahmen zusammengestellt und mit der Technologie des 21. Jahrhunderts gemischt und gemastert. Can-Gründungsmitglied Irmin Schmidt und der langjährige Produzent und Tontechniker der Band, Rene Tinner, leiteten das Projekt.
Das neue Album in fünf Teilen, »Can Live in Stuttgart 1975«, dokumentiert einen wichtigen und beeindruckenden Teil der Can-Geschichte. Da in den 70gern technische Pannen immer wieder die geplanten Live-Aufnahmen sabotierten, fehlten diese im Spoon Katalog. Nun wurden die besten Bootleg-Aufnahmen genommen und unter der Leitung von Gründungsmitglied Irmin Schmidt und CAN Produzent/Toningenieur René Tinner durch die Mühlen der Technologie des 21. Jahrhunderts geschickt, um diese wichtigen historischen Dokumente in der bestmöglichen Qualität zu präsentieren.
Gegründet 1967 und aufgelöst etwas über ein Jahrzehnt später, hat Can's beispiellose und kühne Verbindung von hypnotischen Grooves und avantgardistischen instrumentalen Texturen sie zu einer der wichtigsten und innovativsten Bands aller Zeiten gemacht. Die neue LIVE Serie offenbart eine völlig neue Perspektive auf die Band. Man kann vertraute Themen, Riffs und Motive hören, die auftauchen und durch die Jams surfen, aber es sind oft nur flüchtig wiedererkannte Gesichter in einer wirbelnden Menge. Man kann aber auch viel Musik entdecken, die es nie in den offiziellen Albumkanon geschafft hat.
Die Aufnahmen gehen in extremere Bereiche als Can's Studioarbeit: vom sanften, ambienten Drift-Rock bis hin zu den berühmt berüchtigten »Godzilla«-Momenten. Und auch wenn sich die Bandmitglieder von Minute zu Minute anpassen und dem Rhythmus hinterherjagen, kann man die außergewöhnliche musikalische Telepathie hören, die sie alle teilten.
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John Hiatt With The Jerry Douglas Band: "Leftover Feelings" (Cooking Vinyl, Juni 2021) |
[Jerry Douglas & Peter Rowan: Yonder]
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Mitten in einer globalen Pandemie betrat John Hiatt das historische RCA Studio B und öffnete ein ganzes Leben voller zurückgelassener Gefühle. Vor einem halben Jahrhundert lebte Hiatt in einem schäbigen Zimmer für 15 Dollar die Woche in der 16th Avenue in Nashville, weniger als eine Meile von den RCA- und Columbia-Studios entfernt, die das Herzstück dessen waren, was als "Music Row" bekannt wurde. In den darauffolgenden 50 Jahren entwickelte er sich von einem rauflustigen jungen Bock zu einem gefeierten Großmeister des Gesangs.
Für Leftover Feelings tat sich Hiatt mit dem mehrfach ausgezeichneten Künstler und Produzenten Jerry Douglas und seiner Band, der Jerry Douglas Band, zusammen. Es gibt keinen Schlagzeuger, dennoch sind diese Grooves tief und echt. Und während die Up-Tempo-Songs wie immer mit entzückenden inneren Reimen und schlauer Aggression gefüllt sind, stößt die einfühlsame Musikalität der Jerry Douglas Band Hiatt zu Darbietungen, die verblüffend verletzlich sind.
Im Leben können übrig gebliebene Gefühle ungelöst bleiben, egal wie oft sie erforscht werden. Erforscht an einem Ort der Geschichte, einem Ort des Trostes. Ein heiliger Ort, wenn man die Dokumentation des menschlichen Ausdrucks für eine heilige Sache hält. Hier also, mit diesem Album, gibt es ein Treffen von geprellten und triumphierenden amerikanischen Giganten. Hier sind Hiatt und Douglas und erschaffen das, was sein soll: Liebeslieder und Straßenlieder, schlaue Lieder und verletzte Lieder. Ihre Lieder, und jetzt unsere Lieder. Übrig gebliebene Gefühle, die erbauen und erhalten.
Hiatts Stimme hat noch ein paar mehr Schrammen bekommen, doch den Songs kommt das nur zugute.
(stereoplay, Juni 2021)
One of the unspoken rules of the music business is that you can age out of rock & roll, but you're allowed to show your age in blues and country if you do it right. The blues have always been a good match for the gritty, eloquent sneer of John Hiatt's voice, and he's been more than willing to push himself in that direction in his recordings of the 2010s and onward, as the celebrated singer/songwriter, born in 1952, moves further from the sell-by date of most rock and pop artists. On 2021's Leftover Feelings, Hiatt has blended his bluesy sensibilities with a subtle country feel, though he clearly feels no alliance with the beer-and-pickup trucks mindset of Nashville's current hitmakers. Hiatt recorded Leftover Feelings with the Jerry Douglas Band, led by Douglas, arguably the world's best and certainly most influential dobro player. Though Mike Seal adds occasional flashes of electric guitar to the mix, this is otherwise an acoustic session which, as is the tradition in bluegrass, features no drums. The music is not bluegrass in either concept or execution ("All the Lilacs in Ohio" comes close), even though that's the path Douglas and his bandmates usually walk; instead, Hiatt and Douglas use the group's tonal palette to reflect the themes and emotions of Hiatt's songwriting, with the band deferring to the needs of the material rather than their past musical associations. And even when the music isn't truly blues or bluegrass, Hiatt knows how to draw the rootsy sensibilities of his songs to the surface (they're never buried especially deep anyway), and the subtle virtuosity of Douglas, Seal, bassist Daniel Kimbro, and fiddler Christian Sedelmyer is a superb match for Hiatt's songs and lead vocals. After two decades of Hiatt's reliable excellence in songwriting, Leftover Feelings does nothing to break this streak; the opening track "Long Black Electric Cadillac" is witty but a bit gimmicky, but the lonely wandering of "I'm in Asheville," the tragic family story of "Light of the Burning Sun," and the bittersweet introspection of "Changes in my Mind" are the work of a masterful tunesmith with faultless instincts about how to deliver his material. Leftover Feelings isn't "John Hiatt's Acoustic Album," it's a solid and rewarding set of songs that sounds a bit different than usual, but finds him working with some excellent and simpatico musicians who understand his craft and play into the feel of Hiatt's material.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Damien Jurado: "The Monster Who Hated Pennsylvania" (Maraqopa, Juni 2021) |
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Mit »The Monster Who Hated Pennsylvania« erscheint das 17. Studioalbum des aus Seattle, Washington stammenden amerikanischen Singer-Songwriters. Sein Werk zeichnet ein enormer Reichtum an stilistischen Raffinessen und das anspruchsvolle Verweben mannigfaltiger Genreelemente aus. Mit dem neuesten Kapitel »The Monster Who Hated Pennsylvania« fügt Jurado seinem OEuvre die erste Veröffentlichung auf seinem eigenen, neu gegründeten Label Maraqopa Records hinzu.
Das Album besteht aus zehn intensiven Songs, die Geschichten von Menschen erzählen, die schlimmen Umständen trotzen. Das vom Künstler selbst produzierte Album gehört klanglich zu seinen exponiertesten Arbeiten. Einflüsse waren der einzigartige Sound von Alben wie Lou Reeds »The Bells« oder Paul McCartneys »Ram«. Düstere Szenerien und Geschichten des Zwielichts sind seit langem fester Bestandteil von Jurados Songs über Geister, Mörder, grausame Liebhaber oder den falschen Messias.
Auf »The Monster Who Hated Pennsylvania« wirken die Inhalte mehr geerdet, fast schon aus dem Lebensalltag zitiert und von gewöhnlichen, aber nicht weniger gewaltigen Katastrophen gezeichnet: ein sich auf eine Stadt zubewegender Wirbelsturm, Amnesie, Krankheit oder belastete wie belastende Beziehungen.
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Rodrigo Amarante: "Drama" (Polyvinyl, Juli 2021) |
[Brazil]
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Zweites Solowerk des brasilianischen Musikers Rodrigo Amarante, bekannt für den Titelsong Tuyo der Netflix-Serie Narcos, als Mitglied von Orquestra Imperial, Los Hermanos, der Rough Trade-Band Little Joy (mit Fab Moretti von The Strokes & Bikini Shapiro), sowie als Komponist für Gal Costa, Norah Jones und Gilberto Gil.
Im Gegensatz zu seinem Solodebüt Cavalo (2014) ist Drama karikaturistisch, filmisch, parteiisch wie die Erinnerung. Die Songs fliessen im Bogen, spielerisch täuschend, wie ein Märchen. Der ominöse Opener/Titelsong lässt erahnen, dass die Dinge vielleicht nicht so sind, was sie zu sein scheinen, und dass sich Hinweise im Verborgenen verstecken.
Since releasing the sublime Cavalo in 2014, Brazilian singer/songwriter Rodrigo Amarante has earned some well-deserved North American hype thanks to the evocative "Tuyo," which he wrote as the theme song for Netflix's drug cartel drama Narcos. A creaky, string-decorated bolero sung in Spanish, it's a typically eclectic offering from an artist who is hard to pin down. Weaving and winding through an array of beguiling rhythms, languages, and tones, Amarante's second album, Drama, moves between flair and subtlety with a casual grace that feels timeless. From the melodramatic strings-meet-laugh track dichotomy of the opening instrumental to its deceptively breezy art-pop counterpart "Maré," Amarante casts a spell that remains unbroken for the album's duration. The swooning bossa nova of "Tara" gives way to the haunting clamor of "I Can't Wait," one of several English language cuts from the now Los Angeles-based singer. With its growling horn stacks, "Tao" lays down an inescapable groove and represents Drama at its most muscular. More than anything, Amarante feels like a Tropicália artist for the 21st century, artfully fusing Brazilian and Latin American traditions to progressive songwriting and arrangements that touch on pop, psychedelia, folk, and rock. Like a consummate craftsman he folds unexpected details into the whole without a lot of fanfare, which lends the album an undercurrent of excitement and even tension. Leaving the listener with a sense of sweet melancholia, Amarante wraps up with "The End," a dusty-voiced piano ballad that serves as the closing credits to Drama's captivating journey.
(by Timothy Monger, All Music Guide)
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The Goon Sax: "Mirror II" (Matador, Juli 2021) |
[The Go-Betweens]
Die Jahrescharts: Platz40im Rolling Stone!
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Riley Jones, Louis Forster und James Harrison sind seit Ewigkeiten beste Freunde deren gemeinsame Leidenschaft die Musik ist. Folgerichtig manifestierte man den Bund der Freundschaft in einer gemeinsamen Band schon zu High School Zeiten - The Goon Sax waren geboren.
"Mirror II" ist bereits das dritte Album der australischen Indieband, gleichzeitig ihr Debüt auf ihrem neuen Label Matador Records und zudem ein Aufbruch in neue Soundwelten. Das 2016 erschienene Debütalbum "Up To Anything" war eine Mischung aus Selbstfindung und musikalischen Feldversuchen zum Nachfolger "We're Not Talking" (2018) hatten man seinen ganz eigenen Sound gefunden hatte. Für "Mirror II" ließen sich die drei Australier drei Jahre Zeit. Louis zog zwischenzeitlich nach Berlin, wo er in einem Kino arbeitete, während Riley und James eine Post-Punk-Band mit dem Namen Soot gründeten. Alle drei experimentierten in dieser Zeit mit teils abstrakter Musik und atonalen Sounds, nun folgt die Rückbesinnung zum Pop. Jedes Bandmitglied bringt dabei seine ganz eigene Art des Songwriting ein. Rileys musikalische Vorbilder wie Les Rallizes Dénudés, Keijo Haino aber auch Kylie Minogue hört man auf "Desire" und "Tag".
Louis ist wiederum beeinflusst von avantgardistischem Pop. Er liebt Bands wie HTRK, Young Marble Giants und Stereolab, aber auch Hits von poppigeren Künstlern wie The 1975 oder Justin Bieber. Aus diesen Einflüssen entstanden Songs wie "Psychic" oder "In the Stone". Seine Art Songs zu schreiben brachte ihm immer wieder Vergleiche mit der großen australischen Band The Go-Betweens ein - kein Wunder, schließlich ist Robert Forster sein Vater. Da fällt der Sound nicht so weit vom Stamm. James Harrison ist wiederum ein großer Bewunderer von Syd Barrett, den Walker Brothers, Felt und Jandek, was man den psychedelisch geprägten Tracks "Carpetry" und "Caterpillars" auch anhört.
Klasse Indie-Rock von Downunder. Riley Jones, Louis Forster und James Harrison sind seit Ewigkeiten beste Freunde deren gemeinsame Leidenschaft die Musik ist. Folgerichtig manifestierte man den Bund der Freundschaft in einer gemeinsamen Band schon zu High School Zeiten - The Goon Sax waren geboren. "Mirror II" ist bereits das dritte Album der australischen Indieband, gleichzeitig ihr Debüt auf ihrem neuen Label Matador Records und zudem ein Aufbruch in neue Soundwelten. Das 2016 erschienene Debütalbum "Up to Anything" war eine Mischung aus Selbstfindung und musikalischen Feldversuchen zum Nachfolger "We're Not Talking" (2018) hatten man seinen ganz eigenen Sound gefunden hatte. Für "Mirror II" ließen sich die drei Australier drei Jahre Zeit. Louis zog zwischenzeitlich nach Berlin, wo er in einem Kino arbeitete, während Riley und James eine Post-Punk-Band mit dem Namen Soot gründeten. Alle drei experimentierten in dieser Zeit mit teils abstrakter Musik und atonalen Sounds, nun folgt die Rückbesinnung zum Pop. Jedes Bandmitglied bringt dabei seine ganz eigene Art des Songwriting ein. Rileys musikalische Vorbilder wie Les Rallizes Dénudés, Keijo Haino aber auch Kylie Minogue hört man auf "Desire" und "Tag". Louis ist wiederum beeinflusst von avantgardistischem Pop. Er liebt Bands wie HTRK, Young Marble Giants und Stereolab, aber auch Hits von poppigeren Künstlern wie The 1975 oder Justin Bieber. Aus diesen Einflüssen entstanden Songs wie "Psychic" oder "In the Stone". Seine Art Songs zu schreiben brachte ihm immer wieder Vergleiche mit der großen australischen Band The Go-Betweens ein - kein Wunder, schließlich ist Robert Forster sein Vater. Da fällt der Sound nicht so weit vom Stamm. James Harrison ist wiederum ein großer Bewunderer von Syd Barrett, den Walker Brothers, Felt und Jandek, was man den psychedelisch geprägten Tracks "Carpetry" und "Caterpillars" auch anhört.
(Glitterhouse)
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Dave McMurray: "Grateful Deadication" (Blue Note, Juli 2021) |
[David Murray Octet]
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Evergreens der legendären Grateful Dead hat Saxophonist Dave McMurray zur Basis seines aktuellen Albums gemacht. Grateful Dead meet Soul Jazz – das funktioniert erstaunlich gut!
Die 1965 gegründete Rockband aus San Francisco um den charismatischen Frontmann Jerry Garcia gilt als Ikone der amerikanischen Gegenkultur und eine der ersten Bands des Psychedelic Rock. Auf seinem 2018 erschienenen Blue Note-Debüt „Music Is Life“ glänzte Dave McMurray mit eigenen Stücken, jetzt kehrt der Saxophonist mit „Grateful Deadication“ zurück, einem Cover-Album, das Perlen aus einem der berühmtesten Kataloge des Rock in Jazz verwandelt. Grateful Dead-Favoriten wie "Fire on the Mountain", "Dark Star", "Touch of Grey" und "Franklin's Tower" gehören ebenso zu den Highlights des Albums wie Gastauftritte von Sängerin Bettye LaVette und Grateful-Dead-Gitarrist Bob Weir.
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Son Volt: "Electro Melodier" (Thirty Tigers/Transmit Sound, Juli 2021) |
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Das zehnte Album von Son Volt, der Alternative Country Band aus New Orleans, wird "Electro Melodier" heißen. Der Titel ist den Namen zweier Vintage-Verstärker aus den späten 40er und frühen 50er Jahren entnommen, beschreibt aber auch die einzigartige Mischung des Albums aus Folk, Country, Blues, Soul und Rock - ein elektrischer Troubadour mit Melodien, die einschlagen und haften bleiben. Soziale Protestsongs wie "Livin' in the U.S.A." und "The Globe", ersterer über die Versprechungen dieser schiefgelaufenen Nation, letzterer über die Straßenproteste, die die Black-Lives-Matter-Bewegung begleiten, existieren Seite an Seite mit Oden an langjährige Beziehungen (speziell seine 25-jährige Ehe) in "Diamonds and Cigarettes" und "Lucky Ones".
Wieder begleitet von der aktuellen Son-Volt-Besetzung - Keyboarder/Steel-Gitarrist Mark Spencer, Bassist Andrew Duplantis, Gitarrist Chris Frame und Schlagzeuger Mark Patterson - nimmt Farrar eine leichte Abkehr vom politisch pointierten "Union" von 2019 hin zu einer Reihe von Songs, die eher Fragen stellen als Antworten fordern - man denke an "Livin' in the U.S.A." als Farrars Version von Bruce Springsteens "Born in the U.S.A.", ", Neil Youngs "Rockin' in the Free World" oder Patti Smiths "People Have the Power", eine Hymne zur Vereinigung der Bevölkerung.
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Matt Sweeney & Bonnie 'Prince' Billy: "Superwolves" (Domino/Drag City, Juli 2021) |
Die Jahrescharts: Platz31im Rolling Stone!
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Die Chemie stimmt
Die gemeinsame Geschichte von Bonnie ›Prince‹ Billy & Matt Sweeney beginnt bereits vor einigen Jahren. 2005 veröffentlichten sie ihr erstes gemeinsames Album »Superwolf«.
Nach ein paar weiteren Kollaborationen knüpfen sie 2021 an diese Platte an – mit ihrem neuen Album »Superwolves«.
14 Songs haben die beiden Musiker dafür aufgenommen. Aber: Besondere Zeiten erfordern besondere Herangehensweisen. Und so schrieben sie die Songs zunächst getrennt voneinander, schickten sich Songschnipsel und Lyrics hin und her.
Für die Aufnahme von »Superwolves« ging es schließlich, nach rund fünfjähriger Songwriting-Arbeit, ins Brooklyn’s Strange Weather und ins Butcher Shoppe in Nashville.
Bonnie ›Prince‹ Billy zeichnete für Gesang, Sweeney für Harmonien und Gitarrenparts verantwortlich. Weitere Unterstützung gab es im Studio von David Ferguson (Stand-up-Bass), Mike Coltun (E-Bass), Mdou Moctar (E-Gitarre), Ahmoudou Madassane (Rhythmusgitarre), Souleyman Ibrahim, Ryan Sawyer und Peter Townsend (Schlagzeug) und Mike Rojas (Klavier).
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Tedeschi Trucks Band feat. Trey Anastasio: "Layla Revisited" (Universal/Fantasy, Juli 2021) |
[Derek & The Dominos]
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Am 24. August 2019 erschienen TTB und der Lead-Gitarrist von Phish, Trey Anastasio, auf der Bühne des "Lockn'2019" in Arrington/Virginia. Sie begannen mit "I Looked Away" und ließen es in "Bell Bottom Blues" übergehen, die ersten beiden Songs von Eric Claptons "Layla" - Album. Als das Publikum dann staunend "Keep On Growing" hören durfte, wurde es klar: TTB und Trey würden das komplette Album covern. Das vollständige Konzert ist auf diesem Release endlich für alle nachvollziehbar.
Aber die Verbindungen zwischen der Band und dem Album sind tief verwoben: Angetrieben von zwei der größten Gitarristen des zwanzigsten Jahrhunderts, Eric Clapton und Duane Allman, wurde Layla and Other Assorted Love Songs zufällig am 9. November 1970 veröffentlicht, dem Tag von Susan Tedeschis Geburt. Später waren Chris und Debbie Trucks solche Fans des Albums, dass sie inspiriert wurden, ihren erstgeborenen Sohn Derek zu nennen. Jahrzehnte später war Trucks fünfzehn Jahre lang Mitglied der Allman Brothers Band und tourte ausgiebig mit Clapton. Die Verbindung zwischen der Musik und den Interpreten ist so tief, dass sich dieses Album fast schon vorherbestimmt anfühlt.
Über Layla sagte Derek Trucks: "Zu der Zeit, als ich anfing, Gitarre zu spielen, war der Klang von Duane Allmans Slide fast eine Besessenheit. Sein Spiel auf Layla ist immer noch einer der Höhepunkte für mich. Der Geist, die Freude, die Kühnheit und die Selbstverständlichkeit. Mein Vater hat mir und meinem Bruder diese Platte zum Einschlafen vorgespielt und sie so noch tiefer in meine DNA gebrannt."
Mit feinen, passgerechten Arrangements samt gospeligem Chorgesang und fetten Bläsern begeistert die moderne Umsetzung von Layla in nahezu jedem Augenblick.
(Good Times, August/September 2021)
Performance und Klangqualität sind schlichtweg genial, als Special Guest glänzt Phish-Mastermind Trey Anastasio. Höhepunkt ist natürlich das neunminütige ›Layla‹.
(stereoplay, August 2021)
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Ryley Walker: "Course In Fable" (Husky Pants, Juli 2021) |
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Nach drei Jahren Pause erscheint mit "Course in Fable" das fünfte Album von Ryley Walker. Aufgenommen in nur drei Tagen in den Hallowed Hall Studios in Portland/Oregon, ließ sich Walker von der komplexen und vielschichtigen Musik von Genesis und von Avantgarde- und Improvisationstendenzen des Chicagoer Undergrounds der 1990er Jahre inspirieren.
Wieder unterstützt von seinem langjährigen Mitstreiter Bill MacKay, spielt Walker fast ausschließlich elektrisch, lässt seine geliebte Guild D-35 zurück und setzt eine G&L Broadcaster und eine 12-saitige Rickenbacker 360 ein.
Der detailverliebte, glasklare und kraftvolle Sound macht »Course In Fable« zum echten Kopfhöreralbum.
(Audio, Juli 2021)
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Oliver Wood: "Always Smilin'" (Honey Jar, Juli 2021) |
[The Wood Brothers]
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Country Soul und Americana auf dem Solodebüt dieses Wood Brothers – mit u. a. Susan Tedeschi und John Medeski. Oliver Wood ist eine tragende Säule der modernen amerikanischen Roots-Musik. Er ist seit 2004 Frontmann der Wood Brothers und hat das 21. Jahrhundert bisher damit verbracht, die Grenzen zwischen Folk, Gospel, Country-Soul und Americana zu verwischen. Das hat ihm ein internationales Publikum und eine Grammy-Nominierung eingebracht.
»Always Smilin'«, sein Solo-Debüt, setzt diese Tradition fort und wirft gleichzeitig ein neues Licht auf Olivers Songwriting, seine Gitarren-Chops und diese Stimme zwischen durchzechter Samstagnacht und dem Halleluja des Kirchengangs am Sonntagmorgen. Zu den Features zählen Bandkollegen aus Olivers musikalischer Vergangenheit und Gegenwart, vom Mentor und Co-Autor Chris Long (der mit ihm in der Roots Rock Band King Johnson auftrat) bis zum Schlagzeuger Jano Rix, seinem Partner bei The Wood Brothers.
Dazu die Blues-Heldin Susan Tedeschi, Phil Cook von Hiss Golden Messenger, John Medeski von Medeski Martin & Wood, Tyler Greenwell von der Tedeschi Trucks Band, Phil Madeira von Nashville und die Singer / Songwriterin Carsie Blanton.
Ein erstklassiges Debüt.
(Audio, August 2021)
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Steve Gunn: "Other You" (Matador, Aug. 2021) |
[The Unseen In Between |
Michael Chapman: True North]
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Das 2019 erschienene Album "The Unseen In Between" etablierte den amerikanischen Musiker Steve Gunn als einen Großmeister des US-Songwritings - mit seinem neuen Album "Other You" unterstreicht er nun diesen Anspruch. Gunn, der ursprünglich aus Pennsylvania stammt und mittlerweile in Brooklyn lebt, ist für die Aufnahmen zu seinem neuen Album an die Westküste gereist. Das passt perfekt, denn seine Musik ist der ideale Soundtrack für Roadtrips von der Ostküste an die Westküste des Landes. Sein fein destillierter Sound lässt sich dabei zwischen Roots Rock, Americana, Folk und Jazz treiben.
Steve Gunn ist Traditionalist und Suchender zugleich. Zumeist geht er nur mit losen Ideen ins Studio, bei denen er am Anfang nie so genau weiß, wo sie ihn am Ende hinführen werden. Ähnlich gestaltete sich das auch dieses Mal. Sein sechstes Studioalbum "Other You" nahm Steve Gunn zusammen mit Produzentenlegende Rob Schnapf (Beck, Elliott Smith, Kurt Vile) in dessen Mant Studios in Los Angeles Ende 2020 und Anfang 2021 auf. Schnapf hat großen Anteil an der Entstehung dieses Albums. Er schüttelte nicht nur das Soundbett auf, sondern mischte auch Steve Gunns Stimme in den Vordergrund, um den poetischen Lyrics des Songwriters die richtige Bühne zu bieten. Mit Hilfe von befreundeten Musikern wie Juliana Barwick, Mary Lattimore, Bridget St. John, Jeff Parker, Bill MacKay, Ben Bertrand und dem Schlagzeuger Ryan Sawyer (TV On The Radio, Thurston Moore, Gang Gang Dance) entstand mit "Other You" ein Album, mit dem Steve Gunn nicht nur die Grenzen von Genres auslotet, sondern auch seine eigenen.
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Zwanie Jonson: "We Like It" (Staatsakt/Fun In The Church, Aug. 2021) |
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»We Like It« ist Zwanie Jonsons jüngstes - und wie immer ziemlich wunderbares - Album, das bei Fun In The Church erscheint. Sein Debüt für das Label ist zugleich sein viertes Album.
Jonson ist, je nach Perspektive, ewiger Schlagzeuger, der mit Bands wie Magic, Sammy's Saloon, The Sunsets, Disjam, Die Fantastischen Vier, Veranda Music, Fink, Wolf Maahn, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Pascal Finkenauer, Helen Schneider und Fettes Brot tourte, er ist der ewige Underdog, für dessen Solo-Debütalbum »It's Zwanietime« DJ Koze 2007 aus lauter Liebe das Label Hoobert gründete, allein, um es veröffentlichen zu können.
Im Sommer 2011 kam Zwanies zweites Album »I'm A Sunshine« bei Staatsakt heraus. Der darauf enthaltene »Golden Song« wurde 2015 durch den Einsatz im Kino-Film »Victoria« ein später Radio-Hit.
2017 dann »Eleven Songs For A Girl«, ebenfalls bei Staatsakt und nun also: Sein nunmehr viertes Album »We Like It« bei Fun In The Church. Wie immer quasi im Alleingang eingespielt, atmet auch »We Like It« den Geist fein geschliffener West-Coast-Folk-Psychedelica und melancholischer Blue-eyed-Soul-Balladen, mal als federndes Easy-Listening, mal als fast balearischer Boogie-Groove vorgetragen.
»We Like It« ist ein Album, das so dermaßen aus allen Zeiten gefallen scheint, dass es über alle Zeiten hinweg strahlt.
Das vierte Solo-Album des Herrn, der sonst als Schlagzeuger bei Die Fantastischen Vier, Veranda Music, Fink, Wolf Maahn, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Pascal Finkenauer, Helen Schneider oder Fettes Brot spielte. Er ist der ewige Underdog, für dessen Solo-Debütalbum „It's Zwanietime“ DJ Koze 2007 aus lauter Liebe das Label Hoobert gründete, allein, um es veröffentlichen zu können. Wie immer quasi im Alleingang eingespielt, atmet auch „We Like It“ den Geist fein geschliffener West-Coast-Folk-Psychedelica und melancholischer Blue-eyed-Soul-Balladen, mal als federndes Easy-Listening, mal als fast balearischer Boogie-Groove vorgetragen. „We Like It“ ist ein Album, das so dermaßen aus allen Zeiten gefallen scheint, dass es über alle Zeiten hinweg strahlt.
(Glitterhouse)
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The Bevis Frond: "Little Eden" (Fire, Sept. 2021) |
[Cleaners From Venus |
Martin Newell]
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Ein brandneues Album von den britischen Psych/Independent-Schätzen The Bevis Frond! Little Eden" glänzt mit klassischen McCartney-esken Couplets, bevor es in "As I Lay Down To Die" ein klingendes Signature-Riff ausrollt und in "And Away We Go" eine Jimi-ähnliche Phrasierung annimmt. Ein psychedelisch angehauchtes Panorama des britischen Brutalismus, durchsetzt mit reinen Pop-Melodien und schön beobachteter englischer Melancholie. Dies ist ein Album, das die Liebe zur Musik neu entfacht - von den Harmonien, die so sehr nach Teenage Fanclub und Lemonheads klingen, bis hin zum Grunge und der Ehrfurcht vor Dinosaur Jr. Es gibt eine Perspektive und eine rückblickende Erzählung, in der wir auf die wunderbare Welt warten, die kommen wird" (c'Start Burning'), eine imaginäre Zukunft, die vom Geist Arthur Lees beschallt wird, und die mit witzigen Wortspielen in Songs in den Fokus gerückt wird, die mit prickelnden Gitarrenbreaks übersät sind. "Ein Kult-Favorit." Pitchfork "Genau das, was man vom E17-Psych-Guru erwartet." MOJO "Erinnert an die befreiende Songkunst der Beatles, aber mit einer zackigen Kante." Classic Rock "Mischt immer noch Pop, Punk und Psych mit schwindelerregendem Effekt". The Guardian
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Mathias Eick: "When We Leave" (ECM, CD: Sept. 2021 * Vinyl: März 2022) |
[ECM]
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Das ausdrucksstarke Spiel des norwegischen Trompeters Mathias Eick, das laut New York Times einen »makellosen und durchdringenden Ton« ausstrahlt, wird von seinen begnadeten Mitmusikern auf bemerkenswerte Weise ergänzt. Der Geiger Håkon Aase, einer der herausragenden Improvisatoren seiner Generation, beschattet den Leader mit Linien, die sowohl auf Folk-Traditionen als auch auf den Jazz zurückgreifen.
Im Zuge des sich reflektierenden Austauschs zwischen den Schlagzeugern Helge Andeas Norbakken und Torstein Lofthus entfaltet sich ein Klangbild, das auf ungewöhnlich präzise Interaktion zurückzuführen ist. Dabei setzen Pianist Andras Ulvo und Bassgitarrist Audun Erliern ihre Akzente, indem sie im Zentrum des Geschehens Ideen zwischen Hauptstimmen und Rhythmusgruppe navigieren.
Bei mehreren Stücken fügt das zarte Anschwellen von Stian Carstensens Pedal Steel Guitar eine geheimnisvolle Dimension hinzu. When we leave wurde im August 2020 im Osloer Rainbow Studio aufgenommen.
Wären doch nur alle LPs so exzellent aufgenommen und so überragend laufruhig gepresst! ECM scheint die Qualitätsschrauben diesmal besonders fest angezogen zu haben. (...) Die exzellenten Musiker schaffen wunderbare Stimmungen, musikalisch ist hier nichts überfrachtet.
(›Klangtipp‹ in Audio, Mai 2022)
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Low: "Hey What" (Sub Pop, Sept. 2021) |
Die Jahrescharts: Platz21im Musikexpress
und Platz16im Rolling Stone!
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Rettungsinsel im Chaos: das neue Album von Low
Indierock, Slowcore und Dreampop - Seit fast 30 Jahren bewegen sich Low in ihrer ganz eigenen, unverwechselbar-langsamen Klangwelt. Dort bleibt die Band aus Duluth, Minnesota auch 2021, mit ihrem neuen, mittlerweile 13. Longplayer.
»Hey What« heißt die Platte, für den Sänger und Gitarrist lan Sparhawk und Sängerin und Schlagzeugerin Mimi Parker bereits zum dritten Mal in Folge wieder mit Producer DJ Burton zusammenarbeiteten.
Insgesamt zehn Songs haben sie für »Hey What« aufgenommen, jeden um seine einzigartige Hook herumgebaut. Die vertrauten Harmonien brechen wie eine Rettungsinsel durch das Chaos. Schichten von verzerrten Klängen häufen sich mit jeder neuen Strophe – aufbauend, brechend, kolossal, dann wieder zurückhaltend.
Wie das klingt, verrieten Low bereits im Juni mit der ersten Singleauskopplung ihres neuen Albums. »Days Like These« kommt auf fast fünfeinhalb Minuten Spieldauer. Die Band setzt darin den Sound ihres letzten Albums, »Double Negative« aus dem Jahr 2018, fort: Im Kern steht der Gesang von Sparhawk und Parker, immer wieder unterbrochen oder untermalt von düster-verzerrten, kratzigen Arrangements, in denen man regelrecht versinkt.
»Hey What« erscheint beim berühmten Indie-Label Sub Pop Records, die zum Album schreiben: Low konzentrieren sich auf ihr Handwerk, halten sich aus dem Getümmel heraus und halten an ihrem Glauben fest, um neue Wege zu finden, den Zwiespalt und die Freude am Leben auszudrücken, um die Dualität der Existenz in Hymnen zu verwandeln, die wir teilen können.
HEY WHAT, das erstaunliche neue Low Album, folgt "Double Negative" von 2018 und ist die dreizehnte Albumveröffentlichung von Low in siebenundzwanzig Jahren und die dritte mit dem Produzenten BJ Burton. Auf dem neuen Album konzentriert sich die Band auf ihr Handwerk, hält sich aus dem Getümmel heraus und an ihrem Glauben fest, neue Wege zu finden, um den Zwiespalt und die Freude des Lebens auszudrücken und um die Dualität der Existenz in Hymnen zu verwandeln, die wir teilen können. Diese zehn Songs - jedes um seinen eigenen, unmittelbaren und unbestreitbaren Hook herum gebaut - werden durch die lebendigen Texturen, die sie umgeben, beschleunigt. Die unaussprechlichen, vertrauten Harmonien von Alan Sparhawk und Mimi Parker brechen wie eine Rettungsinsel durch das Chaos. Schichten von verzerrten Klängen häufen sich mit jeder neuen Strophe - aufbauend, brechend, kolossal, dann zurückhaltend, ein feierliches Gelübde, das nur geflüstert wird. Es wird Zeit sein, die Musik und Kunst dieser Zeit zu enträtseln und ihr eine Bedeutung zuzuschreiben, aber der kreative Moment blickt nach vorn, mit Macht ...
(Glitterhouse)
Very few bands have the vision or sense of daring to dramatically reinvent their sound after 20 years of recording. It initially seemed that Low were taking a stylistic detour with the noisy digital landscapes of 2015's Ones and Sixes, an LP produced by BJ Burton that represented a conspicuous change from the more organic tone of their best-known and most celebrated work. However, Low's third album with Burton, 2021's Hey What, confirms that, at least for the meantime, they're still committed to exploring the possibilities of electronic dissonance. 2018's Double Negative pushed the backing tracks into the red zone while also running Alan Sparhawk and Mimi Parker's vocals through enough processing that they sounded more like additional instruments than human beings. They've opted for a less severe attack on Hey What; while Burton occasionally adds a bit of electronic texture to the singing, most of the tracks instead make the most of the contrast between the clarity and naturalism of the harmonies and the inorganic waveforms of the music. And where Double Negative felt almost violent in its harsh, punishing bursts of sound, Hey What prefers to take a middle ground between that album's extremity and the (relatively) more measured approach of Ones and Sixes. If Double Negative was rooted in a bitter renunciation of the madness and cruelty of the Trump era, Hey What feels like a cautious but resigned effort to blaze a trail through the chaos that emerged in its wake. Parts of Hey What are purposefully hard to listen to and revel in their denial of naturalism, but in tracks like "Hey" and "Don't Walk Away," they find fleeting beauty and moments of peace. Hey What isn't an optimistic album, but it is one born of the need for hope in the face of long odds; Sparhawk and Parker are still trying to make sense of a world that seems increasingly alien, and the paradox of raging against the artificiality while using it as a creative choice is powerfully effective here.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Kai Schumacher & Gisbert zu Knyphausen: "Lass Irre Hunde Heulen" (Edel/Neue Meister, Sept. 2021) |
[Der Leiermann]
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Schubert mit neuem Charme
Mit »Lass irre Hunde heulen« widmen der deutsche Singer-Songwriter Gisbert zu Knyphausen und der Pianist Kai Schumacher einem der größten Komponisten des 19. Jahrhunderts, Franz Schubert, ein ganzes Album.
Mit einem Katalog von über 600 Werken gilt Schubert als Meister des romantischen Kunstliedes. Auf »Lass irre Hunde heulen« bilden nun zehn ausgewählte Tracks den selektierten Querschnitt durch all seine Schaffensphasen, modern arrangiert und außergewöhnlich interpretiert.
»Die Schubert-Lieder gehören für mich mit zum Schönsten, was das 19. Jahrhundert an Musik hervorgebracht hat. Allerdings geht für mich bei klassischen Liederabenden die Unmittelbarkeit der Lieder verloren. Ich war schon immer neugierig, wie es klingt, wenn jemand da ganz ungekünstelt rangeht, ohne klassische Etikette und die Lieder ganz unvoreingenommen zu seinen eigenen macht. Dieser Sänger musste von Anfang an Gisbert zu Knyphausen sein«, so Schumacher zum Album.
Der Singer-Songwriter ließ sich nicht lange bitten: »Nach Kais Anfrage habe ich mich natürlich intensiver mit den Liedern beschäftigt, aber es dauerte zugegeben noch eine ganze Weile, bis mir die Lieder so richtig ans Herz gingen. Irgendwann hat es dann aber ›Klick‹ gemacht und ich fing an, all die besonderen Momente zu entdecken: die großen Melodien, die kunstfertigen Harmoniewechsel«, so zu Knyphausen.
Eine Bandbesetzung aus Schlagzeug, Bass und Gitarren bildet das klangliche Fundament, das durch Streicher und Bläser ausstaffiert und von Gisberts eingängigem Gesang abgerundet wird. Die zwei musikalischen und biografischen Universen der beiden »Liedermacher« verschmelzen dabei rückstandslos, gleichzeitig verpasst Gisbert zu Knyphausen den bekannten Liedern Schuberts seinen ganz eigenen Charme.
Neben der Standard-CD und der LP gibt es »Lass irre Hunde heulen« als streng limitierte und in Handarbeit erstellte Sammler-Box mit einer CD, einer LP, einer 10ʺ-Single und zwei 7ʺ-Singles. Diese Box kann durch beliebige Anordnung der einzelnen Tonträger individuell angepasst und neu kombiniert werden und wird dadurch ein originelles Design-Objekt und Blickfang im heimischen Plattenregal.
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Brandee Younger: "Somewhere Different" (Universal/Impulse!, Sept. 2021) |
[Impulse ]
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In den 60er und 70er Jahren verbanden die Jazz-Harfenistinnen Alice Coltrane und Dorothy Ashby den flirrenden Klang des Instrumentes mit dem Groove des Jazz. In diese großen Fußstapfen tritt jetzt Brandee Younger mit ihren atemberaubend schönen, mal schwebenden, mal zupackenden Jazz- und Soul-Sounds.
Sie hat schon mit Musikern wie Pharaoh Sanders, Lauryn Hill und The Roots zusammengearbeitet und hat ihr Major-Label-Debüt in den legendären Van Gelder Studios in New Jersey aufgenommen.
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"I'll Be Your Mirror: A Tribute To The Velvet Underground & Nico" (Universal/Verve, Sept. 2021) |
[The Velvet Underground & Nico |
Cover A Record: VU & Nico |
Die besten Debütalben aller Zeiten (MusikExpress, Okt. 2021)]
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Eine Hommage an das Bananenalbum
Mehr als 50 Jahre sind vergangen, seit The Velvet Underground ihr legendäres Debütalbum »The Velvet Underground & Nico« zusammen mit der deutschen Sängerin Nico veröffentlichten, das heute zu den bedeutendsten Alben der Musikgeschichte zählt. Die Platte versetzte quasi im Alleingang die Grenzen dessen, was Rockmusik zu leisten oder auszudrücken imstande war, prägte den Begriff des Alternative Rock und legte zugleich den Grundstein für Punk, Grunge und alle folgenden Underground-Strömungen.
Auch heute nennen zahlreiche Musiker das »Bananenalbum« mit dem ikonischen Coverdesign von Andy Warhol, der das Album auch produzierte, als Inspiration und wichtigen Einfluss für ihr eigenes Schaffen. Ein paar davon sind auf dem neuen Sampler »I'll Be Your Mirror: A Tribute To The Velvet Underground & Nico« versammelt.
Mit dabei sind Stars und Musiker, die heute selbst als Legenden gehandelt werden, darunter R.E.M.-Sänger Michael Stipe, Iggy Pop und Matt Sweeney, Primal-Scream-Frontmann Bobby Gillespie und The-National-Sänger Matt Berninger, im Gegensatz zu unbekannteren Künstlern wie Andrew Bird, Lucius, Kurt Vile, Sharon Van Etten, St. Vincent & Thomas Bartlett, Thurston Moore, Courtney Barnett, King Princess, Fontaines D.C.. Sie haben sich, teilweise auch gemeinsam, jeweils einem der elf Songs des Meilensteins gewidmet, die »I'll Be Your Mirror« in korrekter Reihenfolge der Originale präsentiert, ein Track-by-Track-Tribute-Album also. Das gesamte Tracklisting und alle Mitwirkeden finden Sie im Folgenden.
Kurt Vile sagte über seine Version von »Run Run Run«: »Ich habe ›Run Run Run« schon gecovert, als ich ein Kind war. In meinen späten Teenagerjahren mit meiner damaligen Band. Es war also ziemlich kosmisch, sagen wir mal. Es gibt eine direkte Verbindung zu bestimmten Indie-Bands und darüber hinaus zu den Velvets. Deshalb sind die Velvets auch ein Klassiker. Du weißt, es kann Doo-Wop drin sein und solche Sachen, aber es kann auch kantig und laut sein, und es gab mir sofort das Gefühl, dass ich alles machen könnte. Die Möglichkeiten sind endlos. Du bist völlig frei. Unmissverständlich und mühelos.«
Das vom verstorbenen Hal Willner betreute und produzierte Album »I'll Be Your Mirror: A Tribute To The Velvet Underground & Nico« ist das letzte, an dem der legendäre Produzent und gute Freund von Lou Reed vor seinem Tod aufgrund von COVID-Komplikationen im letzten Jahr arbeitete.
Es erscheint als CD, als Doppel-LP auf klassisch-schwarzem 180-g-Vinyl sowie als limitierte Doppel-LP auf Opaque Yellow Vinyl und kann jetzt vorbestellt werden.
Sind die Originalsongs sowieso schon große Klasse, so wissen auch die Neuinterpretationen zu überzeugen, zumal hier nicht schlicht die Vorlage übernommen wurde, sondern den Liedern ein neuer beziehungsweise eigener Geist eingeblasen wurde. So sind sehr viele spannende Adaptionen entstanden, die den Velvet-Underground-Fan begeistern können oder - noch besser - ein neues Publikum für die Avantgarde-Heroen gewinnen kann.
(Good Times, Oktober/November 2021)
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Caravan: "It`s None Of Your Business" (Madfish, CD: Okt. 2021 * Vinyl: Jan. 2022) |
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It's None Of Your Business ist Caravans erstes Album seit Paradise Filter (2013) und enthält neun neue Songs sowie ein Instrumentalstück, die bis zu einem gewissen Grad von den Ereignissen und Einschränkungen der Gesellschaft in den letzten 18 Monaten beeinflusst wurden.
Das Album wurde zwischen dem 24. Juni und dem 4. Juli 2021 im Rimshot Studio, Bredgar in der Nähe von Sittingbourne, auf "altmodische Weise" aufgenommen. "Wir saßen im Kreis und hatten Augenkontakt, was einen großen Tonraum erforderte", erklärt Pye Hastings. "Ich bevorzuge diese Methode, weil man sich gegenseitig Ideen mitteilen kann, wenn sie entstehen, und sich gegenseitig ermutigen kann, wenn das Ganze anfängt, klick zu machen. Und es ist viel befriedigender, wenn man sich persönlich beschimpfen kann, als über eine Telefonleitung oder per E-Mail. Darin sind wir alle sehr geübt, glauben Sie mir!"
Dieses Miteinander prägt It's None Of Your Business mit der für Caravan typischen Wärme und dem Humor, aber auch mit einer Sensibilität, die die Zeit, in der wir leben, widerspiegelt. Zwischen Caravans typisch skurrilen Geschichten Down From London und If I Was To Fly finden sich die zu Herzen gehenden und ergreifenden Spare A Thought und Every Precious Little Thing, die sich auf eine Rückkehr zur Normalität freuen.
Cover und Artwork von It's None Of Your Business wurden von dem bekannten Illustrator Bob Venab entworfen.
Es fehlt auch nicht an subtilem Humor, aber auch sozialkritischen Beobachtungen. Besondere Würdigung verdienen Geoffrey Richardsons Streicherbeiträge und die stimmungsvollen Keyboards von Jan Schelhaas.
(Good Times, Dezember 2021/Januar 2022)
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John Coltrane: "A Love Supreme: Live In Seattle" (Universal/Impulse!, Okt. 2021) |
[Impulse]
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Coltranes Meisterwerk live
1965 veröffentlichte John Coltrane sein Album »A Love Supreme«. Das berühmteste und erfolgreichste Studioalbum des Jazzsaxofonisten in Form einer Suite zählt heute zu den wichtigsten Alben des Jazz.
Coltrane nannte »A Love Supreme« eine »bescheidene Opfergabe an das Göttliche«. Keine andere Komposition oder Aufnahme wurde in ähnlicher Weise dargeboten. »A Love Supreme« war sowohl ein individuelles Testament als auch ein öffentliches Statement, eine Predigt des universalistischen Glaubens.
Der Konzertmitschnitt »A Love Supreme: Live In Seattle« erweitert nun die Geschichte eines großen Musikers und eines zeitlosen Musikstücks.
Obwohl es John Coltranes berühmtestes Album war, hatte er es nur selten auf die Bühne gebracht. Bislang stammte die einzige bekannte Liveaufnahme von einem Auftritt auf einem Jazzfestival im französischen Städtchen Antibes an der Côte d’Azur im Jahr 1965. Sie wurde 2002 auf CD veröffentlicht.
Mit »A Love Supreme: Live In Seattle« gibt es nun erstmals eine weitere vollständige Live-Version der Suite, die im Oktober 1965 in Seattle aufgenommen wurde. Es handelt sich dabei um eine seltene private Aufnahme. Das Set wurde 1965 von John Coltrane und Joe Brazil am letzten Abend von Coltranes einwöchigem Aufenthalt im Jazzclub »The Penthouse« in Seattle aufgenommen. Die Performance fand im Sextett statt, das neben dem »klassischen Quartett« mit Pianist McCoy Tyner, Bassist Jimmy Garrison und Schlagzeuger Elvin Jones, aus Pharoah Sanders (Saxofon) und Donald Garrett (Bass) bestand und teilweise noch um Carlos Ward (Saxofon) erweitert wurde.
Die Aufnahmen gingen jedoch größtenteils in den Archiven von Joe Brazil verloren, bis sie nach seinem Tod 2013 wiederentdeckt wurden. »A Love Supreme: Live In Seattle« ist mit über 75 Minuten mehr als doppelt so lang wie die ursprüngliche Studio-LP. Das Tracklisting finden Sie im Folgenden.
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Spencer Cullum: "Spencer Cullum's Coin Collection" (Full Time Hobby, Okt. 2021) |
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Mit einer langen Liste von Auftritten mit Künstlern wie Kesha, Dolly Parton und Deer Tick bis hin zu Miranda Lambert und Little Big Town ist der Pedal Steel-Experte Spencer Cullum einer der gefragtesten Session-Musiker in Nashville. Seit er vor acht Jahren von seiner Heimat London über Detroit nach Music City gezogen ist, hatte er offensichtlich wenig Probleme, sich anzupassen, auch wenn er sich dabei meist im Hintergrund gehalten hat.
Mit seinem Solo-Debütalbum Spencer Cullum's Coin Collection, einer Hommage an die Psych-Pop-, Folk- und Proto-Prog-Helden der 60er und 70er Jahre in seiner Heimat, tritt der Sideman aus Nashville nun aus dem Schatten ins Rampenlicht. Zusammen mit anderen Bühnen- und Studio-Assen aus Music City wie dem Gitarristen Sean Thompson und dem Multi-Instrumentalisten Luke Reynolds sowie Gesangs- und Schreibpartnern wie Caitlin Rose, Andrew Combs, Erin Rae, Annie Williams und James »Skyway Man« Wallace bringt er ein Stück Großbritannien nach Tennessee.
Produziert von Jeremy Ferguson und aufgenommen im Battle Tapes Recording Studio des Grammy-Preisträgers und Indie-Rock-Produzenten aus Nashville, bietet das Album einen weit offenen, glockenklaren Sound an, der zu den neun Albumsongs passt.
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Demian Dorelli: "Nick Drake's Pink Moon" (Ponderosa, Okt. 2021) |
[Pink Moon |
Covers: Nick Drake]
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Eine Hommage des italienisch-britischen Pianisten an Nick Drakes Album-Klassiker von 1972. Aufgenommen in Peter Gabriels Real World Studios
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Carwyn Ellis & Rio 18: "Yn Rio" (Légère, Okt. 2021) |
[The Rails]
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Das dritte Album des walisischen Musikers, der seine internationale band während der Entstehung fast durch das BBC NATIONAL ORCHESTRA OF WHALES ersetzen musste - als CD und LP auf LÉGÈre reCOrDInGS.
Der walisische Sänger, Komponist, Multiinstrumentalist, Arrangeur und Produzent CARWYN ELLIS, als Kopf der Band COLORAMA sowie als Livemusiker bei den PRETENDERS bekannt, hat mit seinen beiden Soloalben mit der brasilianischen Band RIO 18, sowie Produzent ALEXANDRE KASSIN, wunderbare Musik zwischen den Kontinenten geschaffen, mit Texten auf Walisisch und Portugiesisch. 2020 wurde er vom walisischen BBC NATIONAL ORCHESTRA zu einem gemeinsamen Auftritt mit Recording eingeladen.
Durch die Pandemie war schnell klar, dass KASSIN und die brasilianische Band hierfür nicht anreisen konnten. Zusammen mit seinem Co-Producer SHAWN LEE komponierte ELLIS die zehn neuen Songs, die digital durch die Welt gingen und von den Musikern jeweils zu Hause mit ihren Instrumenten bereichert wurden. Mit diesem von SHAWN LEE in Topform gebrachten Backing hatte ELLIS am 08. März 2021 dann tatsächlich seinen Live-Radioauftritt mit der fiktiv anwesenden Band und dem Rundfunkorchester.
Unglaublich, wie organisch und wenig konstruiert die Songs dennoch wirken - etwas weniger Latin-Einflüsse werden durch atmosphärische 60’s und 70’s-Soundtrack-Stimmung wettgemacht. Bezaubernde Popmusik mit internationalem Flair!
Die Musik atmet den Geist von Jorge Ben und schafft es, ausgeglichen und euphorisch zugleich zu klingen.
(Jazzthing.de)
Erstaunlich, der Musiker Carwyn Ellis kommt nicht aus dem Rio de Janeiro der frühen 70er, sondern aus dem Cardiff der Gegenwart. Der Waliser nimmt jedoch gekonnt den avancierten Tropicalismo-Pop von Größen wie Caetano Veloso, Jorge Ben, Marcos Valle und Gilberto Gil auf. Genauer: die besonders kunstvolle Variante von Arrangement-Experten wie Arthur Verocai. Also mit einem atemberaubenden Stilmix, der Pop, Bossa, Filmmusik, Funk, Samba, Exotica, Jazz, Psychedelia und Easy Listening in Fluss bringt. Er tut dies mit eleganten Arrangements und Orchestrierungen: mit Streichern und Bläsern, aber auch typisch Brasilianischem. Ellis ist Sänger, Songwriter, Komponist, Arrangeur, Multiinstrumentalist und Produzent, Experten kennen ihn auch als Frontmann von Colorama und Buddy von Shawn Lee. Aufgenommen wurde in Cardiff mit dem National Orchestra Of Wales. Die perfekt produzierte und inszenierte Musik klingt authentisch nach 70er Zuckerhut-Vibe, ist schwelgerisch und glänzt mit liebevollsten Produktionsdetails: Flöten, Berimbau, Bossa-Gitarren und eben diese grandiosen Streicher und Bläser, die auch mal nach schönstem Morricone-Kitsch klingen. Zur großen Kunst des Arrangierens passt auch der wunderbar weiche Gesang von Ellis, der sich teils auch von einer perfekt passenden Astrud Gilberto-Stimme unterstützen lässt. Was man erst beim zweiten Hören bemerkt: er singt nicht portugiesisch, sondern walisisch was zumindest für mich ausgesprochen ähnlich klingt. Der leidenschaftliche Fan brasilianischer Musik verwirklicht hier offensichtlich seinen Traum von opulentem Brasil-Pop aus den goldenen Zeiten des Genres und macht dabei alles richtig.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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Isolation Berlin: "Geheimnis" (Staatsakt, Okt. 2021) |
[International Music: Ententraum]
Die Jahrescharts: Platz8im Musikexpress!
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Sie nennen ihr Album »Geheimnis« und sprechen dabei alles an, wofür wir uns fürchten: Liebe, Hass, Fußball, Nina Hagen.
Dennoch, wenn es eine geheimnisumwitterte Band in Deutschland gibt, dann ist das Isolation Berlin. Wo die Fans nicht unterscheiden können zwischen Rollenprosa und persönlichen Enthüllungen, zwischen der Bühnenfigur und der Privatperson, wo der Performer ein echter Star und zugleich einer von uns ist - seltsam aber möglich! Isolation Berlin sind mit ihrem Sänger Tobias Bamborschke über die letzten Jahre zu großen Songwritern gereift. Gemeinsam haben sie für »Geheimnis« elf Songs produziert und sich dazu in der Abgeschiedenheit ihres neuen, selbsteingerichteten Studios in Berlin-Buch auf ihre größte Stärke besonnen: Auf ihr Songwriting und das Erzählen von Geschichten. Geschichten aus einem beschädigten Leben. Geschichten von Außenseiter:innen, von Abstürzen, von enttäuschter Liebe und von dem ewigen Weiter, das uns mit jeder geschlagenen Snaredrum um die Ohren fliegt.
Die Musik ist im Vergleich zu den Vorgängeralben irgendwie anders geraten. Das sind Isolation Berlin, ABER! Kein Gramm Fett. Rockriffs sind fast vollständig verschwunden. Die Band lässt dem Textvortrag viel Luft. Arrangeur und Gitarrist Max Bauer hat viele Streicher um den Gesang herum arrangiert und setzt die E-Gitarre sparsamer ein. Auch die Rhythmusgruppe aus Specht und Cöster hatte beim Einspielen offenbar den Trip-Hop-Sound von Portishead oder Jean-Claude Vannier im Sinn, eher jedenfalls als den einer klassischen Rockband.
Diese Band ist einzigartig, sie ist der Punkrock-Diamant unter den Pop-Klunkern, ein gesplitterter Spiegel, ein verlorener Turnschuh, ein Déjà-vu aus der Zukunft und überhaupt ein seltener Glücksfall. Fatalistisch, rein, am Abgrund tänzelnd.
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Steely Dan: "Northeast Corridor: Steely Dan Live!" (Universal, Okt. 2021) |
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Das Live-Comebackalbum
Mehr als 25 Jahre sind seit Erscheinen des letzten Livealbums von Steely Dan vergangen. »Alive In America« erschien 1995. Umso schöner, dass die Jazz- und Pop-Rock-Ikonen 2021 einen neuen Konzertmitschnitt veröffentlichen: »Northeast Corridor: Steely Dan Live« ist das erste Album ohne das 2017 verstorbene Gründungsmitglied Walter Becker.
Die Songs wurden auf der letzten Tournee der Gruppe aufgenommen, zum Beispiel bei Gigs im New Yorker Beacon Theater und im The Met Philadelphia. Die Auftritte der Band im Beacon Theater im Jahr 2018 boten thematische Shows, darunter Aufführungen ganzer Alben.
Die zwölf Songs starke Trackliste von »Northeast Corridor: Steely Dan Live« zeigt eine karriereumspannende Auswahl aus Steely Dans außergewöhnlichem Katalog mit coolen Grooves, eleganten subversiven Texten und ansteckenden Hits, darunter Songs der Alben »Can’t Buy a Thrill« (»Reelin’ In The Years«), »Countdown To Ecstasy« (»Bodhisattva«), »Pretzel Logic« (»Rikki Don’t Lose That Number«, »Any Major Dude Will Tell You«), »Aja« (»Black Cow«, »Aja«, »Peg«), »The Royal Scam« (»Kid Charlemagne»), »Gaucho« (»Hey Nineteen«, »Glamour Profession«) und »Everything Must Go« (»Things I Miss the Most«). Außerdem wartet eine Coverversion von »A Man Ain’t Supposed to Cry«. Der Norman Gimbel/Frankie Laine/Irving Reid-Song wurde unter anderem von Joe Williams aufgenommen.
Billed as the first Steely Dan live album in more than a quarter-century, Northeast Corridor: Steely Dan Live also bears the distinction of being the first Steely Dan album released since the death of Walter Becker in 2017. Donald Fagen decided to carry on with Steely Dan after the passing of his partner -- he often called his new group "The Steely Dan Band," which was enough to draw a distinction between the past and the present -- and Northeast Corridor documents that new phase, gathering 12 songs from the group's East Coast tour of 2018. The polish and punch of latter-day Dan remain, but things are indeed different. Becker's tart presence is missed, Fagen's voice is wispy, and the smooth professionalism does indeed seem as if it was designed to feel at home at venues like the Mohegan Sun casino. Underneath that gloss, there is indeed a sense of communal joy: Fagen and the Steely Dan Band feed off the energy of the audience, and the result is a slick good time.
(by Stephen Thomas Erlewine, All Music Guide)
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The Truffauts: "Chez Simon" (Micropal/TP9, Okt. 2021) |
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Endlich ein neues Lebenszeichen von THE TRUFFAUTS auf MICROPAL! Drei Jahre nach dem Album »Oscar« treffen THE TRUFFAUTS (mittlerweile auf Triobesetzung geschrumpft) sich nun bei »Chez Simon«, dem 13ten Album der Nürnberger Chansonfreunde, um ihren traditionellen Indierock mit Pop, Garage und einem Schuss Glamrock aufzulockern.
Gegründet haben sich THE TRUFFAUTS, benannt nach dem Regisseur FRANOIS TRUFFAUT, 1986 in Nürnberg und bereits ein Jahr nach der Bandgründung erschien 1987 das Debütalbum »Fanny«, welches wiederum nach der Lebensgefährtin ihres Namensgebers benannt wurde.
Schon damals dominierten verzerrte Gitarren und schepprige Beats, die mit verführerischen Harmonien und betörenden Melodien perfekte Popsongs kreierten. Dem Debüt folgten über zehn Alben und zahlreiche EPs, die von Presse und Kritikern von Anfang an hochgelobt wurden.
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The War On Drugs: "I Don't Live Here Anymore" (Atlantic, Okt. 2021) |
Die Jahrescharts: Platz21im Musikexpress
und Platz14im Rolling Stone!
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Eine Odyssee mit War On Drugs
The War On Drugs kündigen 2021 mit »I Don’t Live Here Anymore« ihr erstes Studioalbum seit vier Jahren an.
In den letzten 15 Jahren hat sich die Band um Mastermind Adam Granduciel stetig zu einem der großen Vertreter des Indierocks dieses Jahrhunderts entwickelt. Sie schließen die Lücken zwischen dem Underground und dem Mainstream, zwischen dem Stumpfen und dem Hymnischen. The War On Drugs haben das noch nie so gut hinbekommen wie auf ihrem fünften Studioalbum »I Don’t Live Here Anymore«, einer ungewöhnlichen Platte über einen unserer alltäglichsten, aber auch entmutigendsten Prozesse – das Durchhalten im Angesicht der Verzweiflung.
Nur einen Monat nachdem ihr letztes Album »A Deeper Understanding« mit dem Grammy 2018 für das beste Rockalbum ausgezeichnet wurde, zog sich der Kern von Granduciel, Bassist Dave Hartley und Multi-Instrumentalist Anthony LaMarca nach Upstate New York zurück, um zu jammen und neue Demos aufzunehmen, wobei sie außerhalb der vorbestimmten Rollen arbeiteten, die jedes Mitglied in der Live-Situation spielt. Diese Sessions erwiesen sich als äußerst produktiv und brachten frühe Versionen einiger der unmittelbarsten Songs auf »I Don’t Live Here Anymore« hervor. Es war der Beginn einer über ein Dutzend Sessions umfassenden Odyssee, die sich über drei Jahre und sieben Studios erstreckte, darunter einige der größten Klangwerkstätten des Rock wie »Electric Lady« in New York und »Sound City« in Los Angeles. Bandleader Adam Granduciel und Co-Produzent/Engineer Shawn Everett verbrachten unzählige Stunden damit, jedes Stück dieser Songs neu aufzubauen.
Eine der denkwürdigsten Sessions fand im Mai 2019 bei »Electro-Vox« statt, bei der die gesamte Besetzung der Band, ergänzt durch Keyboarder Robbie Bennett, Schlagzeuger Charlie Hall und Saxofonist Jon Natchez, zusammenkam, um den ergreifenden Album-Opener »Living Proof« aufzunehmen. Normalerweise setzt Granduciel die Platten von The War On Drugs aus einer Vielzahl von Overdubs zusammen, wie eine Art Rock’n’Roll-Puzzle. Aber bei »Living Proof« entstand das Stück in Echtzeit, als die Musiker ihre Chemie als Live-Einheit nutzten, um etwas Magie aus dem Stegreif zu erzeugen. Die Unmittelbarkeit der Performance war angemessen für einen der persönlichsten Songs, die Granduciel je geschrieben hat.
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Embryo: "Auf Auf" (Madlib Invazion, Nov. 2021) |
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Christian Burchard, der das Ensemble Embryo gründete, liebte den Slogan "Auf Auf", deutsch für "Up, Up" oder "Keep On Going". Jeder, der sich auch nur ein bisschen für die deutsche Krautrock-Szene der 1970er und 1980er Jahre interessiert, weiß, dass Burchard diesem Motto in der ganzen Welt folgte, unermüdlich nach neuen Klängen und Inspirationen suchte und einen Katalog von Musik schuf, wie ihn die Welt noch nie gehört hat.
Madlib hat oft gesagt, Embryo sei seine Lieblingsrockband. Natürlich weiß der Hip-Hop-Produzent mit dem tiefsten musikalischen Wissen, dass Embryo mehr als nur eine Rockband ist.
Als Marja Burchard, Christans Tochter, die mit Embryo aufgewachsen ist und jahrelang mit ihnen auf Tournee war, nach Christians Tod 2018 die Leitung des Ensembles übernahm, begann sie mit den Aufnahmen zu dem Album Auf Auf. Es wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren aufgenommen und inmitten der Covid-Pandemie im Jahr 2020 fertiggestellt. Sie wandte sich an Madlib und Egon - die Christian Burchard und Embryo-Musiker vor Jahren in einem bayerischen Weinkeller besucht und mit ihnen gejammt hatten - mit der Idee, Auf Auf auf Madlib Invazion zu veröffentlichen. Die Antwort war ein schallendes, definitives Ja.
Hier ist also Marjas Interpretation des Embryo-Ethos, die den unerschrockenen Stil ihres Vaters fortführt und die Band in ihrem eigenen Stil leitet. "Auf Auf" reicht vom tiefen, freien Jazz in "Alphorn Prayer" über modale Musik aus Afghanistan in Baran" bis zum psychedelisch angehauchten Jazz-Rock des Titeltracks.
An der Seite von Marja spielen unter anderem die Embryo-Veteranen Bunka (Oud und Gitarre) und Karl Hector and the Malcouns/Whitefield Brothers/Poets of Rhythm Produzent und Gitarrist Jan Weissenfeldt, darunter wichtige Akteure der globalen Szene aus Afghanistan und Marokko.
Otis Jackson Jr. Alias Madlib ist berühmter HipHop-Produzent und einer der größten Musikvermittler auf der ganzen Welt. Er hat keinen YouTube Kanal, keine Website – er führt ein zurückgezogenes Leben in Kalifornien — mit seinen Gerätschaften und etwa vier Tonnen Schallplatten. Er hat kein Archiv im klassischen Sinn. Fotos seiner Lebenswelt erinnern eher an ein Meer aus Vinyl, in dem er sich bewegt. Wenn er HipHop produziert, dann versatzstückt er Musik aus aller Welt. Wenn ein Stück aus seiner Plattensammlung erkannt wird, dann wird Musik wiederentdeckt, gesucht, wieder veröffentlicht — sie rückt ins Bewusstsein der globalen Musikgemeinde. Viele Menschen lernen auf diese Weise Musik kennen. Und wenige Menschen auf diesem Planeten haben so viel unterschiedliche Musik gehört wie Madlib. Doch wenn man ihn nach seiner Lieblingsband fragt, dann zeigt die Antwort nach München. Madlib liebt Embryo.
Von allen Münchner Bands, ist Embryo mit Abstand die internationalste. Dabei ist sie nicht einmal weltbekannt. 1969 schafft Gründer Christian Burchard ein musikalisches System, das sich gängigen Zuschreibungen entzieht. Embryo waren weder Krautrock noch Jazz, schon gar nicht Pop - Embryo schlagen Wurzeln in der ganzen Welt. Sie bespielen einen Raum der Neugierde und des Lernens, abseits der Leitkultur. Es gibt Gerüchte, sie hätten sich eines Nachts Instrumente aus dem Münchner Völkerkundemuseum „geliehen“ (und in einer anderen Nacht zurückgebracht).
Es ist eine steil anmutende These, aber vielleicht stimmt es ja: Keine Band der Welt hat so viele Konzerte gespielt, wie Embryo. Denn Embryo spielt in fünfzig Jahren überall wo etwas geht: Ihr Bus hält für Fernsehauftritte in Japan, auf Campingplätzen in Portugal, für ausverkaufte Hallen in Kalkutta, zu Straßenkonzerten in Tunesien — sie spielen in bayerischen Dörfern, vor Münchner Bioläden und Bibliotheken, in Clubs, Kommunen, Bürger*innenhäusern, auf gigantischen Open-Air-Konzerten — über fünfzig Jahre unfallfrei. Zumindest für Bandgründer Christian Burchard muss sich das ganze Leben wie ein einziges nicht enden wollendes Konzert angefühlt haben. Gibt es überhaupt Münchner*innen, die nie einem Embryo-Konzert beigewohnt haben? Jedoch: Bandmitglied bei Embryo zu sein, erfordert große Opfer. Das System der Band kennt keinen Komfort und ist entkoppelt von kommerziellem Verwertungszwang. Es stellt die Schönheit der Zusammenkunft über das Ergebnis und das, was andere Erfolg nennen. Und es lebt unterhalb des Existenzminimums. In letzter Konsequenz hat das nur Christian Burchard durchgehalten – dafür hat er sich über die Jahrzehnte mit über 400 wechselnden Mitgliedern verbunden. So entwickelt sich Embryo zum Anknüpfungspunkt für immigrierte Musiker*innen. Nicht selten stehen sie am Tag der Ankunft in Deutschland schon mit Embryo auf der Bühne. Ermunterung, Ermächtigung und unendliches Interesse an den musikalischen Formen der Welt schaffen einen Erfahrungsraum ohne Grenzen. Wenn wir eine neue Welt sein wollen, dann müssen wir die Welt sein!
2018 endet Christian Burchards tour de force im menschlichen Gewand. Er verstirbt nach langer Krankheit und hinterlässt weitverzweigte globale künstlerische und politische Allianzen, ein Haus voller Instrumente und Musikkassetten — und eine Band. Seine Tochter Marja Burchard führt seitdem die Geschicke Embryos. Sie ist seit der Kindheit Mitglied, spielt fantastisch Keyboard und Piano, Posaune, Schlagzeug, Vibraphon, war auf unzähligen Tourneen dabei — die Übergabe wirkt von langer Hand geplant. Nicht ausgeschlossen, dass Christian und Marja eine Seele sind, die sich in zwei Körpern manifestiert.
Vor kurzem erscheint „Auf Auf“, das erste Studioalbum von Embryo nach Papa Christians Ableben. Veröffentlicht wird es in den USA. Und da sind wir wieder bei Madlib, denn der hat mittlerweile ein Plattenlabel gegründet: Madlib Invazion. Der Bandgeschichte fügt dies ein neues Kapitel hinzu. Und es sorgt für wohlverdiente internationale Aufmerksamkeit.
(Sebastian Reier, Münchner Kammerspiele)
The eclectic, well-traveled German band Embryo first encountered fervent fan Madlib when the visionary hip-hop producer visited the group and jammed with several of its long-standing members in a Bavarian wine cellar. Founder Christian Burchard suffered a stroke in 2016 and passed away in 2018, and his daughter Marja has been leading the band since the release of 2016's It Do, Christian's final album with Embryo. Marja started work on the group's next album following Christian's death, with collaborators including Embryo alumni such as guitarist and oud player Roman Bunka (also of the related group Dissidenten) and producer/guitarist Jan Weissenfeldt (co-founder of funk acts Whitefield Brothers and the Poets of Rhythm), as well as bassist Maasl Maier (Karaba) and flautist/saxophonist Wolfgang Schlick (the Poets of Rhythm, the Express Brass Band). The album was finished in 2020, and Marja asked Madlib and Egon to release it on their Madlib Invazion label, which was an easy sell.
Marja Burchard wrote or co-wrote three of the album's six tracks, and co-arranged the two traditional pieces. Inviting opener "Besh" combines winding rhythms, pianos, and horns with Bunka's earthy oud playing. "Yu Mala" is sung and co-arranged by Dr. Mohcine Ramdan, a ghembri player and leader of Bavaria-based Moroccan music collective Jisr, which shares several members with Embryo. The song is smooth, mellow, and gorgeous, with lush vibraphone and guitars meshing with trippy synth fluctuations, and an unexpected shot of adrenaline arrives as the rhythm changes up near the end. The Maier-composed "Auf Auf" merges Krautrock with Ethio-jazz, simmering with complex rhythmic patterns and unexpectedly erupting in a celebratory freak-out before resuming the initial groove, yet spiking it with more energy. After the sweet, bubbly raga-synth-rock tune "Baran," the band launch into "Januar," a 17-minute epic that flows through several solos and textures, retaining an exploratory spirit and uncovering new expressions at each turn. The 2021 incarnation of Embryo is every bit as adventurous as any of the other formations of the group during the previous half-century, and the sublime Auf Auf honors the band's legacy while voyaging ever onward.
(by Paul Simpson, All Music Guide)
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Aimee Mann: "Queens of the Summer Hotel" (SuperEgo, CD: Nov. 2021
* Vinyl: Feb. März Apr. 2022) |
Die Jahrescharts: Platz41im Rolling Stone!
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Musik für ein Drama
2017 veröffentlichte Aimee Mann das Album »Mental Illness«, das bis dato traurigste, ruhigste und akustischste Werk in der Karriere der US-amerikanischen Singer-Songwriterin. Es gewann einen Grammy für das beste Folkalbum. 2022 folgt nun ihr neuer Longplayer »Queens Of The Summer Hotel«, der als der »unfreiwillige zweite Teil« des Vorgängers beschrieben wird.
Das wiederum könnte an der Entstehungsgeschichte des Albums liegen: Mann begann 2018 mit dem Schreiben neuer Musik, als sie sich bereit erklärte, Songs für eine Bühnenadaption des Psycho-Dramas »Girl, Interrupted« zu entwickeln, Susannah Kaysens Memoiren über ihren Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik in den späten 1960er-Jahren.
Die 61-jährige Sängerin sagte zur Idee und ihrer Motivation: »Ehrlich gesagt fühlte ich mich fast besessen, als ich diese Platte schrieb, denn ich habe noch nie so schnell und intensiv geschrieben. Ich fand das Material sehr interessant und offensichtlich sehr persönlich. Ich hatte bestimmte Vorstellungen davon, wie die Hintergrundgeschichte der Charaktere aussehen könnte, und habe viele gemeinsame Erfahrungen einfließen lassen, um bestimmte Charaktere, die in den Memoiren besprochen werden, mit Leben zu füllen.« Die daraus resultierende Musik kommt auf »Queens Of The Summer Hotel« zusammen.
Mit dem Song »Suicide Is Murder« erschien im August die erste Single des Albums, eine traurige Klavierballade, die sich mit dem Thema Selbstmord und den psychischen Folgen für die Angehörigen auseinandersetzt.
Insgesamt warten 15 Stücke auf der Platte, ein Songzyklus gesungen von Mann und orchestriert von ihrem langjährigen Mitarbeiter Paul Bryan, der in Anspielung auf die theatralischen Ursprünge des Projekts Streicher und Holzbläser verwendete. Das Mixing von »Queens Of The Summer Hotel« übernahm der Produzent und fünffache Grammy-Gewinner Ryan Freeland.
Klavier, Streicher und Holzbläser (...) geben den 15 beschaulichen Stücken eine fast feierliche Atmosphäre. Vorzüglich.
(stereoplay, Dezember 2021)
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Wolfgang Müller: "Die Nacht Ist Vorbei" (Fressmann, Nov. 2021) |
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Nach jedem neuen Album denkt Wolfgang Müller, "das ist mein Letztes, nie wieder'. Müller ist der Typ im Dachzimmer, der Gitarre spielt und neuerdings auch Klavier und nach Worten sucht, um an der Welt nicht wahnsinnig zu werden. Konzerte sind für ihn der Horror, Stichwort Sozialstress, und er ist ungefähr so gefallsüchtig wie eine Buche im Wald, also nicht so sehr. Trotzdem hat wieder ein neues Album aufgenommen, sein sechstes. Es heißt 'Die Nacht ist vorbei' und ist sein bestes. Ein halbes Jahr hat er an 'Die Nacht ist vorbei' gearbeitet, die letzten sechs Wochen so intensiv, dass er nach eigenen Angaben in fragwürdige Zustände gekommen ist und sich erst mal wieder abregen musste. Aber er ist glücklich, hat alle Fesseln abgestreift, den Blick nach innen gerichtet, nachts allein im Dachzimmer, ohne Band im Rücken, den inneren Bullshit Detektor stets am Anschlag, bis jedes Wort stimmte und jeder Ton. Keine Kompromisse, als wär's das letzte Mal, der letzte Kampf, der letzte Versuch, das Leben in Lieder einzufangen, die man dann in die Welt schickt, ohne Erwartungen. Der Witz ist, 'Die Nacht ist vorbei' wirkt so leicht, selbstverständlich und mühelos, als wär's ihm einfach so passiert. Als könne es nur so und nicht anders sein. Diese Lieder zu hören, ist ein bisschen wie Schweben. Die Musik wirkt wie dahingetupft. Müllers Akustikgitarre, hier und da Klavier, sparsam eingesetzte Synthie-Sequenzen, die Räume öffnen, zuweilen ein sachter Beat, dezente elektronische Akzente, blaue Harmonie, und darin Müllers warme Stimme, die so sehr Instrument ist in diesem wellenartigen Wohlklang in Moll, dass einem erst nach einigen Durchläufen klar wird, dass die Texte das Großartigste sind an dieser erstaunlichen Platte. Mit den Songs und Zeilen, die Müller über den Jordan geschickt hat, bevor die endgültigen 10 Lieder entstanden, hätten andere drei Alben gefüllt. Er nennt das "den Kiesel schleifen, bis er rund ist", "Pfannkuchen wenden", "Aderlass" und sagt, er habe irgendwann die Flöhe husten gehört, Stichwort Perfektionismus. Zum Glück war er nicht allein. Hatte er ein Lied endlich soweit, dass es stimmte, schickte er es zu Philipp Kraus, seinem Produzenten. Der hat auf den ersten drei Alben E-Gitarre gespielt, später Radio-Pop produziert, und nun mit schlafwandlerischer Sicherheit Müllers Songs veredelt. Die Lieder schossen von Müllers Dachzimmer zu Kraus' Heimstudio hin und her, bis sie fertig waren - die Songs und die Männer. Aber so entstehen große Alben. Müller hat sich durch Minimalismus befreit, mit Konzentration auf den Kern und größtmöglicher Aufrichtigkeit. Er hat da was freigelegt. 'Die Nacht ist vorbei' ist voller Licht, und es kommt von Herzen. Und zum ersten Mal denkt Wolfgang Müller nicht, dass dies sein letztes Album ist.
(Tino Hanekamp, Glitterhouse)
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"A Tribute To Jackie Leven: The Wanderer" (Cooking Vinyl, Nov. 2021) |
[Doll By Doll]
[Jackie Leven]
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22 speziell aufgenommene neue Tracks, die die Brillanz von Jackie Leven neu interpretieren, mit großen Namen und großen Fans wie Eliza Carthy, Ralph McTell, Boo Hewerdine, Tom Robinson & Ian Rankin. Jeder der Künstler hat außerdem ein ausführliches Booklet beigesteuert, in dem er seine Erfahrungen mit Jackie Leven schildert und erklärt, warum er an diesem Tribute-Album mitwirken wollte. Der Erlös dieses Albums kommt dem Westminster Drug Project (WDP) zugute, einer Wohltätigkeitsorganisation, die die Arbeit von Jackies eigener Wohltätigkeitsorganisation, dem CORE Trust, fortführt.
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Guru Guru "Made In Switzerland" (guru-guru.com, Dez. 2021) |
Konzerthighlight: Zeche Carl, Essen, 29.05.2022
Nach mehr als zwei Jahren Pause wollte ich am Sonntag zum ersten Mal seit langer Zeit wieder auf ein richtiges Konzert mit richtigen Muckern.
Da passten natürlich Guru Guru in der Zeche Carl wie die Faust in den Magen. Zuletzt habe ich den
Elektrolurch übrigenz 2018 in Dorsten gesehen (mein erstes Konzert überhaupt dort!). Und in der Zeche
Carl in Altenessen war ich auch schon ziemlich lange nicht mehr.
Es war das beste Guru-Konzert seit vielen, vielen Jahren. Obwohl: GUT sind die eigentlich immer. Aber das war RICHTIG GUT.
Ich habe mir auch ausnahmsweise mal ein CD gegönnt und mir ein Autogramm von Mani Neumeier geholt.
So etwas mache ich sonst bei Konzerten ja eher nicht. Da gab es nach schönen Live-Konzerten gelegentlich auch Enttäuschungen
bei den erworbenen Tonkonserven.
(04.06.2022)
[guru-guru.com]
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Michael Hurley: "The Time Of The Foxgloves" (No Quarter, Dez. 2021) |
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Michael Hurleys erstes neues Studioalbum seit 12 Jahren enthält elf Songs, die in Astoria, Oregon, während der kurzen Zeit im Jahr aufgenommen wurden, in der die Fingerhüte blühen. Hurley hatte in den letzten Jahren zu Hause an dem Set gearbeitet. Freunde und Mitstreiter kamen in die Stadt und trugen aus der Ferne bei.
Die Lieder werden von Geige, Orgel, Kontrabass, Banjo und Schlagzeug getragen - aber im Mittelpunkt steht natürlich der rätselhafte Snock, dessen Lieder 57 Jahre nach seinem Debütalbum ("First Songs" - Folkways, 1964) nur noch einzigartiger und einzigartiger geworden sind. Das kann nur Snock sein. Herzzerreißend, gefühlvoll, leicht und unbeschwert. Der glorreiche Opener "Are You Here For The Festival" - untermalt von einem Geigenpaar - fiel ihm bei der Gartenarbeit ein. "Little Blue River" schwebt wie auf einer Wolke dahin. Das eindringliche "Jacob's Ladder" klingt wie aus einer anderen Zeit herübergebeamt. Oder einer anderen Dimension.
"Foxgloves" ist so tröstlich und wundervoll wie jede Hurley-Platte, die es zuvor gab.
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(2021-02-14)
Mein Wahl zum Album des Jahres hatte sich ausnahmsweise mal schon früh abgezeichnet. Letztendlich gab es aber kein weiteres Album in 2021, das es mit diesem in Hinblick auf Songqualität und musikalische Umsetzung aufnehmen konnte. Allerdings scheine ich diese Einsicht mit niemandem zu teilen ... egal.
(2022-01-01)