Music From Big Pink war erschienen und bekam 
      durchweg glänzende Reviews, war aber ein Gegenentwurf zum augenblicklichen 
      musikalische Trend und dem Lebensgefühl der späten 60s (It 
      was `Don´t trust anybody over 30. Hate your mom! Hate your dad!´ 
      And a lot of other things that didn´t really make a lot of sense, 
      erklärt Levon Helm). So dauerte es etwas, bis sich jeder über 
      die einsame Klasse dieser Platte im Klaren war. The Band gab keine Interviews 
      und Liveauftritte konnten keine anberaumt werden, weil Rick Danko sich bei 
      einem der vielen Band-Autounfälle zwei Halswirbel brach (I was 
      a little too drunk, a little too high). Für touren war eh nicht 
      viel Zeit, denn die Band bereitete schon die Aufnahmen für ihr zweites 
      Album vor, welches sie Harvest nennen wollten. It was 
      like we had planted our seed, erklärte Robertson, and this 
      was the fruit that we were finally getting from all the work we had done 
      in all those years. Man entschied sich später für The 
      Band, weil es tatsächlich um ihren Namen einige Verwirrung gab.
   Das idyllische Woodstock in Upstate New York war zu diesem Zeitpunkt zu 
      einem völlig überlaufenen Städtchen verkommen. Jeder wollte 
      Dylan beim Einkaufen treffen, und so zog The Band es vor, ihr zweites Album in L.A. aufzunehmen. 
   Um die gewohnte Big Pink Atmosphäre des ungezwungenen Musizierens nachzustellen, 
      mieteten sie das Anwesen von Sammy Davis Jr., zogen mit ihren Familien ein 
      und bauten das Poolhaus zu einem Studio um. Fenster wurden vernagelt, Wände 
      schalldicht gemacht und man richtete es sich bequem ein (das kann man im 
      Innencover der LP und JAP-CD gut nachverfolgen). Capitol kam aber einen 
      Monat nicht mit dem Recording-Equipment ran, sodaß man im zweiten 
      nur 9 der 12 Songs aufnehmen konnte. Richard Manuel besorgte jede Menge 
      Amphetamine, um die Aufnahmen zu beschleunigen. 
   Die Arbeit begann Abends um 7 Uhr mit dem Kreiren der Arrangements. Produzent 
      John Simon dazu: We took great care with every instrument to make 
      it sound different for every song and appropriate for every song.
   Nach einem reichhaltigen Abendessen wurde geübt, gefeilt, verworfen 
      und geändert. Nach Mitternacht rollte dann die Bandmaschine. Als der 
      Rest der Band ins Bett ging, veredelte Honey Boy Garth Hudson 
      die Songs noch mit Keyboards und Bläsern. Ein Großteil des Materials 
      war zumindest teilweise schon zu Big Pink-Zeiten geschrieben worden, hatte 
      den gemeinsamen Formungsprozess aber noch nicht gänzlich durchlaufen.
   Es war Anfang `69 und The Band war auf der Höhe ihres Schaffens. Das 
      Ensemblespiel hatte traumhafte Ausmaße angenommen, die Verschmelzung 
      der drei Lead-Stimmen geriet nie besser, und die Instrumente wurden je nach 
      Song getauscht. So sitzt bei fast der Hälfte der Aufnahmen Richard 
      Manuel am Schlagzeug, der einfach unglaubliches leistet. Nachzuvollziehen 
      am besten beim Classic Albums Video, wo Levon oder Robbie so 
      manches mal nur die Schlagzeug-Spur laufen lassen und vor Freude ins Gnicheln geraten. 
   The Band war wirklich eine der wenigen Bands, die aus fünf gleichwertigen 
      Individuen bestand, die ihr Können in den Dienst des Ensembles stellten. 
      Keinen hätte man austauschen können, ohne den Bandsound nicht 
      grundlegend zu verändern und der alte Spruch, die Summe der fünf 
      Musiker war weit größer als ihre Einzelteile, passte nie beser als hier. 
   Nachdem 9 Songs in LA eingespielt waren, mußten die Sessions unterbrochen 
      werden, denn The Band hatte Impressario Bill Graham den Zuschlag gegeben, 
      drei Auftritte in San Francisco´s Winterland zu spielen. Es waren 
      die ersten Gigs nach 3 oder 4 Jahren, es gab keine Press oder Interviews, 
      nur Fotos von 5 bärtigen Hinterwäldlern. Die Erwartungshaltung 
      des Publikums wuchs ins Grenzenlose. We were scared shitless, 
      sagt Levon Helm und es kam vor dem ersten Auftritt zum psychosomatischen 
      Totalzusammenbruch von Gitarrist Robbie Robertson. Nach zwei Vorbands (Ace 
      Of Cups und Sons Of Champilin) mußten die 5.000 Konzertbesucher ganze 
      3 Stunden warten, bis ein Hypnotiseur Robbie so fitmachte (Your legs 
      are like iron springs), daß er 35 Minuten durchhielt. Natürlich 
      fühlte sich die Menge betrogen. Die Show am Freitag und Samstag liefen 
      besser, ebenso die 4 Auftritte im Fillmore East einige Wochen später. 
   Im April `69 stellten sie ihr zweites Album in der Hit Factory New York 
      fertig, Up On Cripple Creed, Whispering Pines und  Jemima Surrender wurden hier aufgenommen. 
   Summer of `69. No interviews, no publicity, really, and we´re 
      still a mystery. (Aus Levon Helm´s Buch). Auftritte beim Toronto 
      Pop Festival und Woodstock folgten und einige Wochen danach spielten Bob 
      Dylan & The Band auf der Isle Of Wight. 
   The Band erschien im September `69 und erreichte Platz 9 der 
      Charts. Die ausgekoppelte Single Up On Cripple Creek kam bis 
      auf Rang 25 und blieb die einzige Top-30 Single der Band. 
      Die Reviews waren ekstatisch und The Band taucht bis heute regelmäßig 
      als Klassisches Album in Listen wichtiger und unwichtiger Leute 
      auf. Für mich ist sie die Inselplatte! 
   Das ganze Album klingt reif und abgeklärt, wie ein Relikt aus einer 
      längst vergangenen Zeit, and die man sich gerne erinnert. Das reicht 
      vom Frontfoto (5 erwachsene, düster dreinblickende, bärtige Männer) 
      über die braune, erdige Grundfarbe des Covers bis hin zum Foto auf 
      dem Backcover, wo sie glatt als Stringband aus dem 19. Jahrhundert durchgehen 
      könnten. 
   Die Verbindung vieler musikalischer Traditionen mit den bildreichen Texten 
      über den amerikanischen Bürgerkrieg, das Leben im frühen 
      20. Jahrhundert, als noch Minstrel-Shows, Scharlatane und Jahrmärkte 
      durch das Land zogen und den genau gezeichneten Figuren  von Virgil 
      Kane bis Ragtime Willie  funktionierte besser als je zuvor. Songs 
      wie Rockin Chair und When You Awake vermittelten 
      das Bild von zufriedenen alten Leuten auf ihrer Veranda, bereit Geschichten 
      aus ihrem langen Leben zu erzählen. Dazu sind Songs wie Across 
      the Great Divide, The Night They Drove Old Dixie Down, 
      Up On Cripple Creek und King Harvest über die 
      Jahre zu absoluten Klassikern geworden. 
   Der zweite Song Rag Mama Rag zeigt die Arbeitsweise der Band 
      aufs Beste: Rick Danko an der Fiddle, Garth Hudson am funky Piano, Levon 
      Helm mit der Mandoline, Richard Manuel am Schlagzeug und John Simon an der 
      Tuba. Kein Bass. To me this track had the makings of a hit single. 
      It had this rhythm, it was over quick, and danceable. But I´ve been 
      wrong before. (Levon Helm). The Night They Drove Old Dixie Down 
      ist eine Geschichte über den Bürgerkrieg aus der Sicht der Südstaaten 
      und einer der überzeugendsten Story-Songs aus Robertson´s Feder. 
      Natürlich war die Stimme des Arkanasas´ Boys Levon Helm wie geschaffen 
      für diesen Song. Auch Up On Cripple Creek hat dieses gegerbte 
      Old Time Feeling: Garth Hudson jagt sein Calvinet durch ein WahWah-Pedal 
      und erzeugt so eine Art Maultrommel-Sound. Mit Whispering Pines 
      folgt einer der wunderschönsten Songs des Albums, der zwar selten zu 
      den Highlights gezählt wird, aber zu meinen absoluten Favoriten zählt. 
      Diese von Richard Manuel gesungene Ballade hat mich noch nie unbeeindruckt 
      gelassen. 
   Auf dem vorletzten Song Unfaithful Servant hat Rick Danko als 
      Sänger eine Sternstunde. Die faulkneristische Geschichte aus den Südstaaten 
      beeindruckt weiterhin durch das Akustikgitarrensolo und das traurig-schwebende 
      Klarinetten-/Saxophon Duett, mit dem der Song perfekt ausklingt. 
   Schließlich erzählt King Harvest (Has Surely Come) 
      vom Leiden der Farmer der Depressions-Ära, für die ein Sommer 
      ohne Regen oftmals das Ende bedeutete. Der 3-stimmige Chorus ist leiser 
      als die von Levon mit Leidenschaft gesungenen Verse. Nach dem Chorus steigt 
      diese unglaubliche Doppel-Bassnote ein, die den Songs förmlich nach 
      vorne boxt (Robertson weist im Video auf diese Stelle hin). Der Song endet 
      mit einem fast 40-sekündigen Gitarrensolo, eines der wenigen auf der 
      ganzen Platte. It was the last thing we cut in California, and it 
      was that magical feeling of `King Harvest´ that pulled us through. 
      It was like, there, that´s The Band. (Levon Helm) 
   Robbie Robertson soll mal gesagt haben, daß die Songs auf The 
      Band wie Kapitel in einem Buch seien. Tauscht man die Kapitel aus, 
      verändert man die Geschichte. Nicht bescheiden, aber völlig richtig.
 
  (Glitterhouse) 
  
  The Band's first album, Music From Big Pink, seemed to come out of nowhere, 
        with its ramshackle musical blend and songs of rural tragedy. The Band, 
        the group's second album, was a more deliberate and even more accomplished 
        effort, partially because the players had become a more cohesive unit 
        and partially because guitarist Robbie Robertson had taken over the songwriting, 
        writing or co-writing all 12 songs. Though a Canadian, Robertson focused 
        on a series of American archetypes from the union worker in "King 
        Harvest (Has Surely Come)" and the retired sailor in "Rockin' 
        Chair" to, most famously, the Confederate Civil War observer Virgil 
        Cane in "The Night They Drove Old Dixie Down." The album effectively 
        mixed the kind of mournful songs that had dominated Music From Big Pink, 
        here including "Whispering Pines" and "When You Awake" 
        (both co-written by Richard Manuel), with rollicking uptempo numbers like 
        "Rag Mama Rag" and "Up on Cripple Creek" (both sung 
        by Levon Helm and released as singles, with "Up on Cripple Creek" 
        making the Top 40). As had been true of the first album, it was the Band's 
        sound that stood out the most, from Helm's (and occasionally Manuel's) 
        propulsive drumming to Robertson's distinctive guitar fills and the endlessly 
        inventive keyboard textures of Garth Hudson, all topped by the rough, 
        expressive singing of Manuel, Helm, and Rick Danko that mixed leads with 
        harmonies. The arrangements were simultaneously loose and assured, giving 
        the songs a timeless appeal, while the lyrics continued to paint portraits 
        of 19th century rural life (especially Southern life, as references to 
        Tennessee and Virginia made clear), its sometimes less savory aspects 
        treated with warmth and humor. The 2000 CD reissue featured seven bonus 
        tracks. 
    (by William Ruhlmann,  All Music Guide)