Ein neues Album von Soulgott Al Green ist nach dem programmatischen "I can't stop" (2003) keine Sensation mehr. "Everything's OK" schloss 2005 nahtlos ans großartige Comeback an. Die wiederbelebte Kooperation mit Willie Mitchell, dem Produzenten seiner Klassiker aus den 70ern, war ein Glücksgriff. Denn dieser Sound war nicht gealtert, im Gegenteil: Er war längst eingesickert in die Clubsphäre und hatte so eine neue Generation sensibilisiert für Retrosoul à la Joss Stone und Amy Winehouse. Doch was ist das - kein Mitchell mehr! Stattdessen hat Green sich in junge Hände begeben, in jene von HipHop- und R'n'B-Leuten wie ?uestlove oder James Poyser. Alte Fans werden platzen vor Skepsis - doch sie können beruhigt sein: Diese Typen wissen, wie man Respekt buchstabiert. Statt die weiterhin hell strahlende Goldkehle Green mit handelsüblicher Studiotechnik auf Zeitgeist zu trimmen, wirkt die Produktion wie eine einzige Hommage an Mitchell. Das Schlagzeug klingt heimelig dumpf, als schlüge jemand auf eine noch nachtwarme Matratze ein, die dicke Streicherbutter ölt aufs Geschmeidigste das gemütliche Groovescharnier der Songs, die Hammond schmachtet amtlich, und die Bläser der Dap-King Horns wedeln im Hintergrund mit Samt und Seide. Selbst Gesangsgäste wie John Legend oder Corinne Bailey Rae bemühen sich erfolgreich, nicht sonderlich zu stören. Eine erneut tolle Platte von Green - er kann einfach nichts mehr falsch machen. (kulturnews.de) |
Aaaah - es tut so gut, dass er noch da ist. Al Green ist einer der letzten seiner Generation der ganz großen Soul-Stimmen, in den 80ern zunehmend dem frömmelnden Gospel zugetan (das kann er aber auch wie kaum ein anderer), in den 90ern fast in der Versenkung verschwunden (bzw. als Prediger aktiv), legte Al Green vor fünf Jahren mit "I Can't Stop" ausgerechnet auf Blue Note Records ein wunderbares Comeback hin, wie einst im Mai vom großen Willie Mitchell deep down in Memphis produziert. Der Nachfolger "Everything's Okay" hielt in ähnlicher personeller Konstellation spielend dieses Niveau und zelebrierte alte Hi-Erfolge, und jetzt fehlt Mitchell plötzlich auf diesem dritten Blue Note-Album. Oje, denkt man gleich, wie soll das nur gut gehen? Doch es geht mehr als gut, denn Green findet den denkbar besten Ersatz, nur eine Generation jünger. Die Produktions-arbeit teilen sich auf diesem Album nämlich der erneut ganz großartige ?uestlove, eigentlich Drummer bei der HipHop-Crew The Roots, in Wirklichkeit aber ein Allround-Genie als Musiker, Producer und auch DJ. An seiner Seite findet sich James Poyser, der Mann hinter den ersten (und besten) Alben von Erykah Badu, ein stilsicherer Teamplayer als Keyboarder und Produzent. Statt Memphis Horns erklingen diesmal die ebenso guten Dap-Kings Horns, die Gitarre bedient Chalmers Alford (Joss Stone) und als Gastvokalisten hören wir John Legend, Anthony Hamilton und die Britin Corinne Bailey Rae. Und keine Angst, auch diesmal klingt hier alles nach alter Schule, fast lässt sich "Lay It Down" als Tribute an Mitchells Produktionskünste verstehen, so authentisch klingen Bläser, Orgel und Gitarren - ganz ohne jede Elektronik oder sonstige Modernismen. Der Meister selbst ist bei bester Stimme, smooth-voiced durch und durch, upliftend und optimistisch - Love is the Message, auch mit deutlich verjüngtem Team.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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