| Der angeschossene Hirsch flieht wankend in den Wald, und dort röhrt 
        er seinen Schmerz ins Dunkel - so kommt uns Scott Walker, die Sagengestalt 
        des Pop, manchmal vor. Auf den zitternden Todernst, mit dem die 63-jährige 
        Poplegende uns ihre schwerverdaulichen Requieme und Kunstlieder singt, 
        muss man sich einlassen, bedingungslos, sonst sitzt man irgendwann stirnrunzelnd 
        und schief lächelnd da mit der ganzen Tragik dieses Albums, die sich 
        an den Randzonen der (unfreiwilligen) Komik herumzutreiben scheint. Walkers 
        dynamisches Hörspieldrama um Kriege und seelische Abgründe bebt 
        vor innerer Anspannung und passt nicht in unsere Zeit der Lässigkeit 
        und Ironie. Die Klangmonu- und fragmente sind Soundtracks für eine 
        Zeit, deren Stunde Null der 11. September war. Walkers Album, das erste 
        seit dem ähnlich hermetischen Tilt" von 1995, reagiert 
        auf den Terror - und es kriecht dir unter die Haut wie ein schleichender 
        Schrecken. Wenn du Angst vor der Dunkelheit hast, wirkt The Drift" 
        wie der Sonnenuntergang über einer stromlosen Stadt. Mit Pop hat 
        das natürlich so viel zu tun wie ein Joyce-Roman mit einer BILD-Schlagzeile. 
        The Drift" ist eine einzige verstörende Collage aus Pauken 
        und Blockflöten, Eselsblöken und Stiefelschritten, Sägegitarren 
        und orchestraler Schwärze, aus Kriegsgeräuschen, schreienden 
        Streichern wie Sirenen, dem brutalen Knacken von Geschosseinschlägen, 
        dem unheilvollem Pochen namenloser Schergen - und der Stimme eines waidwunden 
        Hirschs, der seinen Schmerz so lächerlich todernst ins Dunkel röhrt, 
        dass dir Beklommenheit statt Blut durch die Adern fließt. The sun 
        ain't gonna shine anymore - 40 Jahre nach seinem größten Hit 
        beginnt man ihm endlich zu glauben.(kulturnews.de)
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    | Seine Musik mag polarisieren, ganz sicher jedoch lässt 
      sie niemanden kalt. Seit seinen ersten Hits mit einer der ersten Boybands 
      der Welt, den Walker Brothers, hat der mittlerweile 62-jährige mehrere 
      musikalische Quantensprünge erlebt. Das reichte von den hochgelobten 
      Jaques-Brel-Interpretationen bis hin zu Climate of the Hunter. 
      Von schwülstigen Schmachtfetzen hin zu düsteren, beeindrucken 
      aber gelegentlich auch befremdlichen Soundmonumenten. Sein letztes Werk 
      Tilt spaltete seine Hörerschaft; all jene, die ihn seither 
      als Genie verehren, werden auch das neue Album lieben. Es ist ein düsteres, 
      gothisches, ein unerhörtes Meisterwerk, voller berückender Poesie 
      und hinreissender Instrumentierung. Die umfangreichen Aufnahmesessions, 
      bei denen schon mal Schweinehälften zu Percussioninstrumenten wurden 
      oder eine Holzkiste gezimmert wurde, um nur einen einzigen, speziellen Ton 
      zu erzeugen, wurden übrigens von Kameras begleitet. Der daraus entstehende 
      Film, der im Herbst in die Kinos kommen wird, wird u.a. von David Bowie 
      produziert, auch er ein langjähriger Verehrer von Scotts Kunst. |