Prachtvoll-pralles Pop-Panoptikum, verstörend und versöhnend, mit rauhen Kanten und jeder Menge dunkler Ecken, aber derart vielfältig schillernd und so himmlisch-hymnisch harmonisch dargereicht, dass man die profane Welt um sich herum vergisst. Explodierende Euphorie-Bomben folgen auf tiefgehende verbale Schnittwunden, dem schon bald hörigen Hörer eröffnen sich himmlische Höhen und unsichere Untiefen, die dieses Album umso vieles reicher, vielfältiger, umfassender machen als so viele andere bloße Tonträger. Bereits das Debut des südafrikanischen Duos Cherylin MacNeil und Darryl Torr raubte mir den Atem; inzwischen hat sich viel verändert: Darryl ist in seine Heimat zurückgekehrt, Cherylin, Dear Reader-Kopf, -Herz & -Stimme, in Berlin gestrandet und berstend vor kreativer Energie. Die jüngsten Erfahrungen, die Suche, das Gefühl der Entwurzelung, und - nicht zu vergessen – die Quarter-Life-Crisis, gießt sie in tief treffende Texte, die in einen vor kreativer Energie aus allen Ecken berstenden, wucht-, kunst- und machtvoll mitreissenden Klang-Kosmos ihre düster-schillernde Geburt erleben. Vielstimmige vokale Harmonien dienen der 13-Edel-Pop-Perlen-Kette als durchgängiger tiefroter Faden, auf dem Cherylins zart-schmeichelnde Stimme seiltanzend über den Untiefen des Lebens schwebt. Um sie herum türmen sich eine atemberaubende Fülle an kunst- und gefühlvollen Arrangement-Ideen, twangender Tarnation-Country trifft auf New Orleans-Begräbnis-Gebläse, überbordene Perkussions-Attacken auf zart gezupfte Geigen, fein zerstäubender Feen-Pop auf prall polternd-euphorisierendes Schlagwerk, knarzendes Banjo auf elfenhaft tänzelndes Glockenspiel, elysische Engels-Chöre auf blubbernde Keyboards, vielstimmiger sakraler Gesangs-Segen auf dunkel-verwunschene Wohlklang-Irrgärten. Die Lust an den kreativen Kontrasten füllt und belebt das wunderbare Werk in jedem Moment, und doch wird es geeint durch die mitreissend-melodische Macht dieser liebenswerten Eigen-Artistin, die auch die größten Gegensätze mit harmonischen Brücken zu verbinden weiß. Ein stetig wachsender, vielfältig schillernder Schatz, der bleibend bereichert.
(Glitterhouse)
Als im Februar 2009 das Dear Reader Debütalbum Replace Why With Funny erschien, zog die Faszination der südafrikanischen Band um Cherilyn MacNeil und Darryl Torr weite Kreise und die Band spielte in Folge sehr umjubelte Konzerte in ganz Europa, u.a. vor dem begeistern Publikum des Haldern Festivals. Dann wurde alles anders.
Im letzten Jahr brach Cherilyn MacNeil ihre Zelte in Johannesburg, Südafrika ab und zog nach Berlin. Cherilyn und Darryl beschlossen, fortan getrennte Wege zu gehen und Dear Reader ist jetzt nur noch sie. War es eigentlich schon immer. Nur ist es jetzt offensichtlicher.
Im November letzten Jahres begann sie mit den Aufnahmen zum neuen, zweiten Dear Reader Album Idealistic Animals. Ein Werk, das mit seiner musikalischen Fülle ganz selbstverständlich in die melodramatische Offensive geht. Cheri's ständige Selbstzweifel, die Suche nach ihrem Platz im Leben, ihre Melancholie - all das zieht sich textlich wie ein roter Faden durch die gesamte Platte. Und trotzdem erzeugt die Musik eine solch bezaubernde Leichtigkeit, dass man die ganze Zeit denkt, man hört Popsongs. Aufgenommen wurde Idealistic Animals in Leipzig, abgemischt in Portland, Oregon. Wieder produziert mit Brent Knopf, dem ehemaligen Menomena-Mitglied und Kopf von Ramona Falls. Eingespielt von deutschen, südafrikanischen, nordirischen, schwedischen und amerikanischen Musikern, und einem waschechten Shapenotes Chor aus Oregon.
Der Longplayer erscheint in seiner Erstauflage mit einer exklusiven Bonus-CD, die 5 Albumsongs in ihren Akustikversionen enthält. In den Räumlichkeiten des alten Berliner Rundfunkhauses in der Nalepastraße wurden die Stücke Anfang des Monats wunderschön in Ton und Bild umgesetzt.