Es gibt musikalische Wunderwerke, denen fügten dünne Rezensentenworte
nur Schaden zu. Und was hier so zurückhaltend mit sanften Klavierakkorden
und wohlig-warmen Streichern beginnt, entwickelt sich im Laufe von 12
Songs nicht nur zu einem der besten Alben Chan Marshalls, sondern zu einem
zurückgelehnt-reifem Songwerk, das die Zeiten unbeschadet überdauern
wird. Hier ist nichts aufgesetzt, keinerlei Effekte trüben das fühlbar
handgemachte, federleicht fließende, durchsichtig arrangierte, von
beschwingender Erfahrung geprägte Instrumentalgeflecht. In den legendären
Ardent Studios stand Chan mit Mabon Teenie Hodges und Leroy
Flick Hodges das Herzstück der Hi Rhythm Band zur Seite,
weitere Memphis-Groove-Größen sorgten für die unaufdringliche
und darum umso intensivere Soul-Färbung des Albums. Neben dem klaren
Klavier sind es der samtweichen pointierende Bass, die traumwandlerisch
sicher auf den Groove-Punkt gespielte Gitarre, luftig-leichtes Schlagwerk,
zurückhaltende Streicher und markant gesetzte Blechbläser (mal
auch eine Country-Fiddle), die das nie zu volle Klangbild erfüllen
und stets dem Zentrum der Songs dienen: Der rau-warmen, gehaucht-verletzlichen,
brüchig-bewegenden Stimme Chan Marshalls, die mitunter wie das weibliche
Gegenstück zu dem Gänsehaut-erzeugenden Gesang Kurt Wagners
wirkt. Und so atmet The Greatest auch den Hauch früher Lambchop-Americana-Melancholie;
aber Chans Country hat Soul, mal unterschwellig, mal bewegend klar
vermitteln der Groove-Aufstand erfahrener Recken ein ebenso erdiges wie
himmlisches Wohlgefühl. Egal ob Hi-typischer Soul, Minimal-Blues,
deutlich Rock-betonte Sonnenuntergangs-Momente oder Balladen von schmerzender
Schönheit: Mit The Greatest haben Marshalls Songs eine Größe
erreicht, die den Atem nimmt. Man lehnt sich zurück und lässt
sich überrollen, man weint und lächelt gleichzeitig und sieht
in der Welt wieder ein umarmenswertes Objekt. Noch ist es eigentlich zu
früh für Jahrescharts. Aber The Greatest setzt sich gerade auf
die vorderen Plätze.
(Glitterhouse)
|