Kommt wie Freundin Joanna Newsom aus Nevada City, teilt deren Vorliebe für frei mäandernde Melodien (nur z.T., und mit weniger "Strange Folk"-Approach freilich), klingt aber bodenständiger, direkter, obwohl hier und da ausgesprochen leise, zart. Ihr Gesang, bestimmt, kräftig, manchmal kurz engelsgleich, strahlt auf Dauer großen Reiz aus! Das Album zieht, anfangs unvermutet, immer mehr in seinen Bann, vielleicht auch durch die Homogenität, das stetige ruhige Dahinfließen - obschon mehrfach etwas offensiver, gar dezent rockig. (Singer-Songwriter-) Folk überwiegt, ab und zu von Old-Time-Country/Appalachian-Spritzern veredelt, fast durchweg akustisch instrumentiert (diverse Saiteninstrumente, teils Geige und Cello bzw. gestrichener Bass, aber auch Drums). Michael Hurley gastiert als Duettpartner. Hervorragend, sehr zu empfehlen!
(Glitterhouse)
Nach dem bezaubernden, im letzten Jahr endlich auch in Deutschland erschienenen Album »The Pirate’s Gospel« und ihrer ebenfalls 2008 mit Bravour absolvierten gesanglichen Auftragsarbeit für das Coverversionenprojekt Headless Heroes (»The Silence of Love«) lagen die Erwartungen an das dritte Album des neuen Sterns am kalifornischen Folkhimmel besonders hoch. Die spartanische Instrumentierung des Vorgängers ist auf »To Be Still« einem breiteren Spektrum an Arrangements gewichen. Neben der gewohnten akustischen Gitarre sind Banjo, Mandoline und Fiddle zu hören. Daneben countrifizieren klagende Slide-Effekte auf der Steel-Guitar Alela Dianes Vortrag auf bislang ungekannte Weise. Geblieben ist die Qualität des Songwritings, geblieben ist ebenfalls die völlig in sich ruhende schlafwandlerische Sicherheit, mit der Diane vorträgt, als wäre dies das Selbstverständlichste der Welt. Kaum jemand dürfte imstande sein, mit einer solchen Verve des Gewohnten lautmalerische »Uhs« und »Ohs« zu intonieren, wie dies Diane in »Age Old Blue«, einem Duett mit der Underground-Folk-Legende Michael Hurley, oder dem wunderbar deepen »Take Us Back« tut. Anders als beim unwahrscheinlichsten Popstar dieser Tage, dem Aktualisierer des romantischen Kunstliedes Antony Hegarty, klingt das bei ihr nie preziös oder manieriert.
Wahrscheinlich bildet diese geerdete Selbstgenügsamkeit zusammen mit ihrer Naturverbundenheit das Geheimnis ihrer Beliebtheit: Diane wirkt als Anti-Entfremdungsgift fürs entwurzelte postmoderne Subjekt. Das Schöne dabei ist, dass ihre Meditativität fern von jeglicher esoterischen Verkitschung ist, in welche die spirituelle Sehnsucht des Westeuropäers so häufig mündet. Alela Diane trägt zudem – anders als so viele Protagonisten der New-Weird-America-Szene – weder waldschrathafte Kauzigkeit noch entkörpertes Elfengehabe zur Schau. Dafür besingt sie den einfachen Zauber der vertrauten kalifornischen Landschaft: Steppen, Berge, Bäume, von denen »helicopter seeds« zu sanfter Landung herabtrudeln, »muddy ground«, Wälder, in denen man »skeletons of leaves« sammeln kann. Auch ihr Figurenpersonal wirkt wie eine Emanation der ländlichen Gegend, der es entstammt. Obwohl sie dieses mit Kindheitserinnerungen verwobene pastorale Inventar oft als verloren besingt, ist bloße Betrauerung des Uneinholbaren ihre Sache nicht. Es geht eher um die Bewahrung der verlorenen Zeit im Lied als um ihr nostalgisches Beklagen.
Wären die Assoziationen, die man in Deutschland mit diesem Begriff verbindet, nicht zu bescheuert, müsste man sagen: Alela Diane macht Volksmusik. Wichtig sind dabei die Wurzeln, die genealogische Tradition, die Familie – alles Dinge, die bei aufgeklärten deutschen Intellektuellen und Foucault lesenden Poplinken nicht hoch im Diskurs stehen. Denn aufseiten dieser kritischen Stimmen vermutet man Totalitarismusgefahr bei jeder Position, die auf Heimat, Erbe und Tradition beharrt. Die einschließenden Diskurse der Identität produzieren mit der gemeinschaftsstiftenden Stabilität nach innen zugleich bedrohliche Fremde, fürchtet man. Das lässt sich nicht widerlegen, und wer wollte ausgerechnet in Deutschland solchen Mahnern kein Gehör schenken. Nur: Das Ja zur Entwurzelung – welches der postmoderne Jargon als Feier fluid-nomadischer Hybrid-Identitäten auf den Lippen trägt, wie sie ebenfalls ein auf Flexibilität setzender neoliberaler Markt fordert – ist eben auch keine Antwort auf das Sinnverlangen in einer zu Tode aufgeklärten, metaphysisch unbehausten Welt. Sicher kann man den Traditionalismus des Folk aus einer teleologischen Perspektive der Weltperfektibilität heraus »regressiv« und eskapistisch finden. Allerdings sind Regression und Eskapismus auch Statements, gegen das nämlich, vor dem man eskapiert und sich zurückzieht. Für Punksozialisierte mag dieses Ausbleiben des Aufstands bei Diane verwunderlich sein: Kein Generationenkrieg, keine Rebellion gegen die Eltern, mit denen sie früher täglich morgens und abends sang – vielleicht sind dieser Quietismus und diese Zurückhaltung beim Ritual der Ego-Profilierung schon wieder rebellisch an Alela Diane. »To Be Still« nahm sie ebenfalls wie »The Pirate’s Gospel« im Heimstudio ihres musizierenden Vaters Tom Menig auf. Damals mit Anfang zwanzig, jetzt mit fünfundzwanzig, ganz normal.
Zurück zu »To Be Still«: Zum Schluss darf ein Schwachpunkt des dritten Albums dieser Ausnahmekünstlerin nicht unerwähnt bleiben. Leider nämlich lässt sich an einigen Stellen nachhören, auf welch verheerende Weise ein Mehr zu einem Weniger werden kann: immer dann nämlich, wenn Diane einem uninspiriert bedienten Schlagzeug gestattet, Songs wie »White As Diamonds«, »The Alder Trees« oder »My Brambles« durch Tempoverschleppung ihrer Spannung zu berauben. Statt in überwältigender amerikanischer Weite oder dunklem Waldschimmer ist man plötzlich inmitten einer bierselig-wippenden, aber Unterhaltungen keineswegs aufgebenden bärtigen Menge in einer Kaschemme des amerikanischen Westens. Wenn man solche Stücke bereits vor ihrem Sturz in die rhythmische Vergemütlichung in akustischen Versionen live gehört hat, ist diese Erfahrung besonders bitter. Man hat gleichsam die Schmetterlinge schon mal flattern gesehen und soll nun mit den Raupen vorliebnehmen. Aber zum einen sind es ja nur drei, zum anderen sind sie wohl immer noch hübscher als vieles, was dieses Jahr im Folk-Genre veröffentlicht werden wird.
(SPEX)
Alela Diane wuchs als Tochter zweier Musiker in der ehemaligen Goldgräberstadt Nevada City in Nordkalifornien auf, genau wie ihre musikalische Seelenverwandte Joanna Newsom mit der sie seit Jahren befreundet ist. Ihre Musik ist sehr reduziert und wird im Wesentlichen von ihrer warmen, kraftvollen und exotischen Stimme sowie ihrem melancholischen Gitarrenspiel bestimmt. Ihr ungewöhnlicher, seelenvoller Sound ist am besten als Gospel Folk mit einem guten Schuss Blues zu beschreiben; in ihren meditativen Lyrics beschäftigt sich die junge Künstlerin verstärkt mit den Themen Natur, Familie und Selbstfindung. Ihr Debütalbum "The Pirate's Gospel", das Alela auf einem Europatrip schrieb und dann im Studio ihres Vaters in Nevada City aufnahm, wurde in Amerika bereits 2006 veröffentlicht. Fargo Records wurden auf die außergewöhnliche Künstlerin im Zuge der Label-Compilation "Even Cowgirls Get The Blues" aufmerksam. "The Pirate's Gospel" wurde von den englischen Rough Trade Shops zur besten Platte des Jahres 2007 gewählt. Mit ihrem 2. Album "To Be Still" begibt sich Alela Diane nun auf Welteroberungskurs, in Nord-Amerika bekam sie sofort einen Lizenzdeal bei Rough Trade Records, in Europa kommt das französische Fargo Label erneut zum Zuge und veröffentlicht dieses grandiose Album, das im Vergleich zum Vorgänger mit weitaus mehr Instrumentierungen auffährt und produktionstechnisch ein neues Level erreicht. Hier trifft Country auf Pop, Gospel Folk auf Blues und AlelaZs exotische Stimme ist seelenvoller denn je. Presse-Liebling, ausverkaufte Shows in Europa und mit "PirateZs Gospel" noch unter Geheimtipp zu verbuchen, ist Alela Diane mit ihrem zweiten Album auf dem allerbestem Weg den Popmarkt für sich zu erobern.
(amazon.de)
Die in Kalifornien geborene Sängerin aus Portland verfolgt auch auf ihrem dritten Album einen gleichsam gotischen Folkstil. Seine Wirkung verstärkt Alela Diane bisweilen geschickt mit dramatischen Streichern zur Zupfklampfe. Doch auch vor Country schreckt sie nicht zurück; die Steelgitarre ist ihr keine Feindin und prägt sogar das Titelstück. Insgesamt klingt ihr Album etwas beschwingter und vor allem transparenter als das beängstigende Meisterwerk "The Pirate's Gospel". Was Diane besser beherrscht als die meisten anderen Vertreter des "new weird America" (und auch besser als ihre Freundin Joanna Newsom), ist das Finden und Erfinden atemberaubender Melodien. Und ein Song wie "My Brambles" mit seinen Handtrommeln und der einsamen Geige hat fast die dunkle Intensität von Nick Drakes letztem Werk "Pink Moon". "Brambles" sind übrigens Brombeeren. Typisch für Diane, die häufig ihre Textbilder in der Natur sucht - wie auch in den stärksten Songs ihres neuen Albums, "The Ocean" und "Every Path".
(kulturnews.de)